Industrie
Schiffbau
Luft- und Raumfahrtindustrie
Die allgemeine konjunkturelle Beruhigung hat sich im
Jahre 1972 auch auf die Entwicklung der bremischen Indu
strie ausgewirkt. Ähnlich wie im übrigen Bundesgebiet war
die Gesamtsituation der industriellen Tätigkeit von gerin
geren Investitionen, einem verminderten Beschäftigungs
stand und gesunkenen Erträgen gekennzeichnet. Die Folge
war, daß der Umsatzzuwachs des Vorjahres im Jahre 1972
nicht wiederholt werden konnte. Mit einer Umsatzsteige
rung von 9,1 (1971: 9,4 konnte Bremen jedoch auch
1972 ein Ergebnis erzielen, das sich von dem Umsatzzu
wachs der Bundesrepublik deutlich abhob. Bei leicht rück
läufiger Beschäftigung stieg das Produktionsvolumen der
bremischen Industrie im Jahre 1972 real um 2,7 an (1971:
5,6 wobei die Schwerpunkte in der Nahrungs- und Ge
nußmittelherstellung, in der elektronischen Industrie und im
Maschinenbau lagen.
Der Anteil der deutschen Schiffbauindustrie am Welt-
Auftragsbestand nahm im Laufe des Jahres 1972 weiter ab.
Betrug der deutsche Anteil im Jahre 1969 noch 8,4 so
war Mitte des Jahres 1972 nur noch eine Beteiligung von
gut 5 am Welt-Auftragsbestand zu verzeichnen. Diese
Entwicklung findet ihre Ursache darin, daß die deutsche
Schiffbauindustrie aus währungspolitischen Gründen (zwei
Aufwertungen mit anschließendem Floaten) am Auftragsboom
von 1971 kaum teilnehmen konnte und daß durch staatliche
Unterstützungen bzw. Begünstigungen anderer maßgeben
der Schiffbauländer eine erhebliche Wettbewerbsverzer
rung zuungunsten des deutschen Schiffbaues entstand.
Erst in den letzten Monaten des Jahres 1972 meldeten
die deutschen Werften einen verstärkten Auftragseingang.
So gelang es den deutschen Werften, sich von dem im letz
ten Quartal sprunghaft angestiegenen, weltweiten Auf
tragszuwachs von 8,4 Mio BRT einen Anteil von 0,8 Mio BRT
zu sichern. Insgesamt betrug der bundesdeutsche Auftrags
bestand Ende 1972 157 Schiffe mit 4,87 Mio BRT. Abgeliefert
wurden von der deutschen Werftindustrie im Jahre 1972
insgesamt 155 Schiffe mit 1,39 Mio BRT gegenüber 190
Schiffen mit 1,86 Mio BRT im Jahre 1971.
Die bremischen Werften lieferten im Jahre 1972 insge
samt 38 Schiffe mit zusammen über 0,6 Mio BRT ab und
damit fast die Hälfte der deutschen Tonnage-Leistung, so
daß eine Konzentration des Großschiffbaues in Bremen
deutlich wurde. Am Auftragseingang hatten die Bremer
Werften gleichfalls einen hohen Anteil. So konnte u. a.
Ende 1972/Anfang 1973 der Auftragseingang von 6 Mam
mut-Tankern mit je 380 000 t Tragfähigkeit, von 7 mit
320000 t Tragfähigkeit und von zwei Fährschiffen, bei denen
es sich um die größten z. Z. des Auftragseingangs konzipier
ten Fähren der Welt handelt, bekanntgegeben werden. Um
eine nachhaltige Verbesserung der Wettbewerbssituation
der gesamten deutschen Werftindustrie auf dem Weltmarkt
bemühen sich z. Z. sowohl die deutsche Werftindustrie als
auch die Bundesregierung.
Im Mittelpunkt der bremischen Luft- und Raumfahrtindu
strie standen 1972 vier Ereignisse: Der Beschluß, die Serien
produktion für das erste deutsche Düsenverkehrsflugzeug,
die VFW 614, freizugeben, der Erstflug des europäischen
Airbus A 300 B im Oktober 1972 in Toulouse, die Ablieferung
der letzten Transall C 160 des deutsch-französischen militäri
schen Transportflugzeuges und die Entscheidung der Bundes
regierung, die finanzielle Unterstützung für die VAK 191 B,
das senkrechtstartende Flugzeug, einzustellen. Außerdem ist
das zweistrahlige Flochleistungsflugzeug F 28 „Fellowship",
ein Kurz- und Mittelstreckenflugzeug, an dessen Produktion
die bremische Flugzeugindustrie in deutsch-niederländischer
Kooperation beteiligt ist, nach fast 60 Verkäufen bis Ende
1972 erfolgreich im Einsatz. Von dem zweimotorigen Turbo
propflugzeug F 27 „Friendship" wurden inzwischen rund
600 Maschinen abgeliefert. Damit ist die F 27 das erfolg
reichste Turbopropflugzeug der Welt.
Die bremische Raumfahrtindustrie hat vom unbemannten
Unterwasser-Sondenfahrzeug „Pinguin" bis zur Mitarbeit am
Programm der Sonnensonde HELIOS ein umfangreiches Pro
gramm und arbeitet nicht nur mit den führenden europäischen
Raumfahrtunternehmen zusammen, sondern praktiziert außer
dem eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit namhaften US-
Raumfahrtkonzernen.
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