Niedersachsen Wirtschaftsentwicklung Strukturpolitik Ostfriesland Die wirtschaftliche Entwicklung in Niedersachsen kann nicht ohne weiteres mit der allgemeinen Betrachtung der bundesrepublikanischen Konjunktur gleichgestellt werden. Niedersachsen ist einerseits als Agrarland mit einer immer schneller schrumpfenden Landwirtschaft belastet und ande rerseits ist diegewerblicheWirtschpft stark geprägt vom kon junkturabhängigen Automobilbau und der Zubehörindustrie. Ungünstiger ist vor allem die Entwicklung im niedersächsi schen Küstenraum zu beurteilen. Gegenüber 1971 war in Niedersachsen, durch Produktionseinschränkungen verur sacht, ein leichter Beschäftigungsrückgang zu verzeichnen. Der schwache Aufschwung trat später ein als in den ande ren Bundesländern. Im lahre 1972 entstand in Niedersach sen ein nominales Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen von DM 81,5 Mrd. Damit wurde ein Zuwachs von 9,4 erreicht. Der Anteil des Landes am nominalen Bruttoinlands produkt des Bundesgebietes von DM 829,8 Mrd konnte jedoch nicht gehalten werden und fiel in 1972 auf 9,8 gegenüber 10,1 in 1971. Um das Gefälle zwischen den wirtschaftlich zurückge bliebenen Räumen des Landes und den Wachstumsgebie ten weiter abzubauen, hat Niedersachsen 1972 trotz seiner schwierigen Finanzlage verstärkt die Industrialisierung be trieben. Mit einer aktiven Industrialisierungspolitik ist das Land bemüht, die Industriedichte, die noch deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt, zu verbessern. Für derartige Maßnahmen haben 1972 DM 274,5 Mio zur Verfügung ge standen. Mit umfassender Hilfe durch Land und Bund sind im vergangenen Jahr 39 kleine und mittlere Betriebe an gesiedelt worden, 16 in Nordwestniedersachsen und 23 im Zonenrandgebiet mit einer Investitionssumme von DM 100 Mio. Durch weitere 50 Neuansiedlungen mit einer Gesamt investition von DM 200 Mio und durch drei noch nicht endgültig fertiggestellte Großprojekte, nämlich in Wilhelmshaven (Mo bil Oil), Stade (Dow Chemical) und Lingen (Benteler) mit über DM 800 Mio investierten Mitteln konnten insgesamt fast 6 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Der Anteil des Landes an den staatlich geförderten Investitionen in nerhalb aller Bundesländer ist auf rund 35 gestiegen. Der Schwerpunkt der strukturellen Maßnahmen liegt weiterhin im Küstenraum an seeschifftiefen Wasserstraßen. Der Anfang des Dahres veröffentlichte Industrieatlas hebt dieses Gebiet für die Industrialisierung besonders hervor. In und um Wilhelmshaven werden zur Zeit und in der nahen Zukunft rund DM 4 Mrd von der öffentlichen Hand und der Wirtschaft, Hauptinvestor ist dabei die Mineralölindustrie, zum Ausbau dieses Raumes verwendet. Durch die Dade- vertiefung für Schiffe bis 250 000 tdw Tragfähigkeit wird Wilhelmshaven zum Massengut-Umschlagzentrum werden. Als aussichtsreiche Standorte werden darüber hinaus Em den, das Unterwesergebiet mit Brake, Nordenham und der Luneplate und das Unterelbegebiet mit Stade und Cux haven genannt. Die Industriestruktur in Ostfriesland ist nicht nur regio nal, sondern auch branchenmäßig unausgeglichen. Uber die Hälfte aller Arbeitnehmer sind im Fahrzeugbau eirvjj schließlich Elektroindustrie sowie im Schiffbau beschäftigt. Un verändert gilt, daß eine ausgewogene Wirtschaftsstruktur und hinreichende Erwerbs- und Arbeitsmöglichkeiten nun durch weitere Industrialisierung zu erreichen sind. Die Tn-; dustriebeschäftigung war rückläufig. Der Umsatz und die Produktionsziffern der großen Industrien verringerten sich durch außenwirtschaftliche Schwierigkeiten der Werft- und Automobilindustrie, während der gesamte Industrieumsatz des Bundesgebietes um 5,7 anstieg. Demgegenüber hatte der ostfriesische Groß- und Einzelhandel in allen Brahchen Umsatzsteigerungen aufzuweisen. Innerhalb der regionalen Gesamtwirtschaft kommt der Fremdenverkehrswirtschaft eine überragende Bedeutung zu, wenn auch die Zahl der Übernachtungen auf den Inseln in der Sommersaison (1. 4. 30. 9.) 1972 um 5,1 rück läufig war. In den Küstenbadeorten verbesserten sich da gegen die Ubernachtungsziffern im selben Zeitraum um 22,8 Neben der Industrie und dem Fremdenverkehr ist die Verkëhrswirtschaft Hauptträger der wirtschaftlichen Ent wicklung. In den Häfen des Landes Niedersachsen ist der Seegüterumschlag 1972 um 1,74 auf 45,68 Mio t zu rückgegangen. In Brake, Nordenham und Elsfleth war teih weise eine erhebliche Steigerung der Umschlagsmenge zu verzeichnen. Rückläufig waren die Rohölimporte über Wil helmshaven und der Umschlag in Emden, der sich von 13,1 Mio t in 1971 um 6,2 auf 12,29 Mio t verringerte. 24

Rabobank Bronnenarchief

Geschäftsberichte Norddeutsche Kreditbank | 1972 | | pagina 27