Europäische Integration
nentaleuropäischen Ländern ein. Zu ihrer Verteidigung muß
ten verschiedene Staaten, darunter auch Japan und die
Bundesrepublik Deutschland, deren Devisenreserven infolge
der Interventionspflicht der Bundesbank im Juni/Duli um
DM 15 Mrd auf DM 78,84 Mrd anschwollen, außerordentliche
Abwehr- und Kontrollmaßnahmen einführen.
Innerhalb weniger Tage verlor Großbritannien 2,5 Mrd
Dollar an Währungsreserven. Daraufhin entschloß sich die
englische Regierung am 23. Juni 1972, den Wechselkurs frei
zugeben. Die wichtigsten westeuropäischen Devisenbörsen
mußten für einige Tage schließen. Unterstützt durch vor
übergehende Interventionen der amerikanischen Währungs
behörden und durch den Zinsanstieg in den Vereinigten
Staaten begann sich die Lage an den Devisenmärkten
schließlich in der zweiten Jahreshälfte zu entspannen. In den
letzten Monaten kam es dann zu Dollarrückftüssen. Die
schwache Verfassung des US-Dollars kam nicht zuletzt in der
raschen Aufwärtsbewegung des freien Goldpreises zum
Ausdruck. Der Sturm auf das Gold ließ den Goldpreis in
1972 auf über 65 Dollar je Unze schnellen.
Anfang des Jahres 1973 geriet das internationale Wäh-
rungsgefüge wieder ins Wanken. Die italienische Regierung
spaltete den Devisenkurs in Handels- und Finanz-Lira, um
einer generellen Abwertung vorzubeugen und die wachsen
den Kapitalabflüsse zu bremsen. Die dadurch hervorgeru
fene Unsicherheit im Währungssystem verursachte eine mas
sive Spekulationswelle gegen den Dollar. Die Dollarflut war
so stark, daß nahezu alle westlichen Devisenbörsen am 12.
und 13. Februar geschlossen werden mußten. Der Dollar
wurde um 10 abgewertet. Japan gab den Wechselkurs
des Yen frei.
Wenige Wochen später überraschten Anfang März 1973
erneut starke Währungsschwierigkeiten die Devisenmärkte.
Im Zuge dieser jüngsten Dollarkrise wurde die D-Mark um
3 aufgewertet. Die Wirtschafts- und Finanzminister der
Europäischen Gemeinschaft vereinbarten, die Wechselkurse
der D-Mark, der dänischen Krone, des französischen, des
belgischen und des luxemburgischen Franc sowie des hol
ländischen Gulden nach außen freizugeben. Im Verhältnis
zwischen ihren eigenen Währungen wollen sie stabile Kurse
mit einer Bandbreite von 2,25 behalten. Frankreich und
Belgien nehmen nur mit dem Wechselkurs für Handelstrans
aktionen am gemeinschaftlichen System teil, der Finanzfranc
schwankt frei. Schweden und Norwegen schließen sich die
sem Block Floating an. Großbritannien, Irland und Italien
lassen weiterhin ihre Währungen gegenüber allen Währun
gen frei schwanken. Der Alleingang dieser drei Länder ist
Ausdruck der strukturellen, regionalen und wirtschaftspoli
tischen Unterschiede in der Europäischen Gemeinschaft.
Am 19. März 1973 wurden nach zwei Wochen die Devi
senbörsen wieder eröffnet. Der Leitkurs der D-Mark be
trägt seit diesem Tage eine D-Mark gleich 0,294389 Son
derziehungsrechte. Die Sonderziehungsrechte waren die
einzige Währungseinheit, die ihren offiziellen Wert gegen
über dem Gold, 1 SZR 0,888671 g Feingold, beibehalten
hatte.
Für die Bemühungen der Europäischen Gemeinschaft,
die Wirtschafts- und Währungsunion voranzutreiben, bedeu
teten die Vorgänge um das Pfund einen harten Rückschlag
und die Spekulation gegen die italienische Lira eine
schwere Belastung. Die Zentralbanken der Gemeinschafts
länder haben am 24. April 1972 die anläßlich der Finanz
ministertagung vom 6. und 7. März 1972 beschlossene Ver
engung der Wechselkursschwankungsbreiten zwischen den
EG-Währungen in Kraft gesetzt und verpflichteten sich, die
Bandbreite zwischen den Währungen des gemeinsamen
Marktes auf 2,25 zu begrenzen und den Wechselkurs der
EG-Währungen durch Interventionen in diesen Grenzen zu
halten.
Auf der im Oktober 1972 in Paris abgehaltenen Konfe
renz bekundeten die Staats- und Regierungschefs der er
weiterten EG ihre Absicht, bis 1980 die gesamten Gemein
schaftsbeziehungen im Rahmen einer „Europäischen Union"
zu regeln. Ferner beschlossen sie, den am 12. September
1972 vereinbarten „Europäischen Fonds für die währungs
politische Zusammenarbeit" am 1. April 1973 zu errichten.
Dieser Europäische Währungsfonds hat die Koordinierung
von Maßnahmen der Notenbanken wahrzunehmen und die
Aufgabe, den multilateralen Ausgleich der Salden aus Kurs
stützungsaktionen zu gewährleisten.
Die zweite Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion
soll wie vorgesehen am 1. Janüar 1974 in Kraft gesetzt