Das Energieangebot, das als Standortfaktor ebenfalls ins Gewicht fällt, hat sich im
Küstengebiet durch Ausbau des Stromverteilungsnetzes und durch den Einzug der
Atomenergie erhöht. Der Bau des 1967 in Auftrag gegebenen Kernkraftwerkes am
Stader Elbeufer (Endphase: 630 Megawatt) wurde 1971 im wesentlichen beendet,
so daß der Vollastbetrieb mittlerweile aufgenommen werden konnte. Ferner wur
den Vorbereitungen für ein Kernkraftwerk im Unterwesergebiet getroffen, das mit
1300 Megawatt das leistungsstärkste des Kontinents darstellen würde. In Emden
gingen die Bauarbeiten am neuen Kraftwerk mit Erdgas als Primärenergie weiter.
Erfolge der niedersächsischen Ansiedlungspolitik zeigten sich vor allem im Raum
von Stade und in Wilhelmshaven, wo sich international renommierte Produktions
unternehmen des Chemie- und Metallbereiches niederließen, womit allerdings sehr
hohe Vorleistungen des Landes verbunden waren. Sie betrafen besonders Wil
helmshaven, das durch Eindeichung und Aufspülung große Neulandflächen ge
wonnen hat, die wegen der Nähe zum seeschifftiefen Wasser besonders attraktiv
sind. Mit dem Ausbau der Jade auf 1B,5 m wurde bereits begonnen. Fertiggestellt
in ihrer ersten Ausbaustufe wurde inzwischen die „Niedersachsenbrücke“, 1971
nächst dem Münchner Olympiadorf die größte Baustelle der Bundesrepublik, eine
Umschlagsanlage bis ans Tiefwasser, deren Kapazität sich im Endstadium auf
jährlich 200 Mill, t belaufen wird.
Eine Reihe notwendiger Vorhaben der Strukturverbesserung an der Küste mußte
wegen des Restriktionskurses der öffentlichen Hand in der Planung steckenblei
ben oder wie der Mittellandkanal, der Nord-Süd-Kanal, der Ausbau der Bundes
autobahn CuxhavenBremerhavenBremen u. a. in langsamerem Takt weiter
geführt werden.
Die Entwicklung der Industriebeschäftigung verlief im Jahre 1971 im Vergleich mit
dem Vorjahr wiederum positiv, auch wenn der Arbeitsmarkt im Zuge der konjunk
turellen Abflachung eine stärkere Entspannung als im Bundes- und auch im nie
dersächsischen Landesdurchschnitt zeigte. Die Schaffung eines besseren An
gebots an Arbeitsplätzen, die nur durch weitere Industrialisierung zu erreichen ist,
bleibt weiter aktuell, um die fühlbare Abwanderung von Arbeitskräften aufzuhalten,
deren Ziffer sich wegen des hohen Geburtenüberschusses in der Bevölkerungs
zahl (1. 1. 1971 rd. 405 500) nicht widerspiegelt. Die großen Industrien des Landes,
der Schiff- und Kraftwagenbau, hatten hohe Produktionsziffern. Die Emder Raffi
nerie arbeitete voll durch und erreichte damit bei gutem Betriebsergebnis die
höchste Zahl an Arbeitsstunden innerhalb eines Kalenderjahres seit Inbetrieb
nahme der Anlage im Jahre 1960.
Der Seegüterumschlag war in Emden wie mit Ausnahme Wilhelmshavens in
allen niedersächsischen Seehäfen rückläufig. Mit 13,2 Mill, t wurde der Rekord des
Vorjahres von über 15 Mill, t nicht mehr erreicht, was in erster Linie eine Folge
geringerer Erzimporte war. Zum Gesamtergebnis trug die Leichterung von 67 See
schiffen am Möwensteert mit 3,9 Mül. t bei. Im Küstenverkehr dominierten Ein- und
Ausfuhren von Mineralöl mit einer um 10 000 t gestiegenen Umschlagsmenge von
rd. 340 000 t. Die Zahl der Schiffsankünfte im Emder Hafen erhöhte sich um 114
auf 8812. Der Erschließung des Rysumer Nackens für Industrie- und Hafenzwecke
wurde im Bericht der Tiefwasserhäfen-Kommission des Bundes große Bedeutung
zugemessen.
Nach den Richtlinien des Städtebauförderungsgesetzes wurden von Bund, Land
Niedersachsen und Gemeinden rd. DM 2,4 Mio zur Verfügung gestellt. Der Ausbau
des Straßennetzes konnte 1971 zügig fortgeführt werden. Die Gesamtausgaben
für Ausbau und Unterhaltung, rd. DM 37 Mio, übertrafen sogar diejenigen der Vor
jahre. Ein eindeutiger Aktivposten in der Ostfrieslandbilanz 1971 war wieder die
Entwicklung des Fremdenverkehrs. Die Nordseeheilbäder auf den Ostfriesischen
Inseln und die Küstenbadeorte erzielten Steigerungsraten von teilweise mehr
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Ostfriesland
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