Der Transitverkehr über die bremischen Häfen und der damit zusammenhängende
Seeumschlag (Umladung seewärts einkommender Waren auf Seeschiffe zum Wei
tertransport ohne Lagerung) entwickelte sich gegenläufig. Im Transit ergab sich
eine Minderung um etwa 7 auf rd. 726 000 t, während der Seeumschlag um etwa
25% auf 97 900 t zunahm. Ein Sechstel aller Transitgüter entfiel auf Südfrüchte.
Ländermäßig gesehen war der EFTA-Bereich am Durchgangsverkehr erheblich
stärker beteiligt als der EWG-Raum. Österreich lag bei nur geringfügiger Volumen
veränderung sowohl als Liefer- wie als Empfängerland weiterhin an der Spitze.
Mehr als jeweils 100 000 t umfaßte auch das für die USA und die Schweiz be
stimmte Durchfuhrgut. Bemerkenswert war die Verstärkung des Transitverkehrs
von und nach Ostblockländem in den letzten Monaten des Jahres.
Im Berichtsjahr einer Baisseperiode für die Weltschiffahrt insgesamt sahen
sich die deutschen Seereedereien extremen Schwierigkeiten ausgesetzt. Zum
starken Ratenverfall auf dem internationalen Frachtenmarkt kamen kurz nach
der noch nicht voll verkrafteten DM-Aufwertung von 1969 erneute Währungs
verluste durch den Aufwertungseffekt des Floating hinzu, da die Frachtraten (seit
der letzten Pfundabwertung) fast ausschließlich auf Dollarbasis kontrahiert werden,
Frachtenkorrekturen durch Währungssicherungsklauseln bisher aber nur in der
Linienschiffahrt Eingang fanden. Den sinkenden Einnahmen stand ein wachsender
Kostenaufwand in allen Bereichen gegenüber, so daß sich die Ertragslage besorg
niserregend verschlechterte.
Die schwere Bedrängnis der deutschen Seeschiffahrt zeigte sich auch in der
Veränderung ihres Flottenbestandes: Einer Indienststellung von 106 Neuzugängen
stand ein Abgang von 240 Schiffen gegenüber. Die Zuwachsrate der Tonnage war
mit 1,1 (Vorjahr: 14,5%) die geringste seit dem Jahre 1960. Das Gros der Ab
gänge betraf Abgaben ins Ausland, die mit einem Umfang von 214 Schiffen (bzw.
rd. 1 Mill. BRT) größer waren als die Auslandsverkäufe in den drei vorhergehenden
Jahren zusammen. Hierbei spielte eine Rolle, daß deutsche Reeder dem Kosten
druck dadurch begegneten, daß sie bestimmte Schiffstypen ausflaggen, d. h. in
die Register von Ländern sog. billiger Flaggen abwandern ließen.
Diese Vorgänge kennzeichnen auch die Situation der bremischen Seeschiffahrt:
Bei 69 Abgängen von insgesamt rd. 219 000 BRT und 49 Neueintragungen von rd.
226 000 BRT d. h. einem Tonnagezuwachs von knapp 7000 BRT bzw. 0,3%
(Vorjahr: 28,2 verminderte sich der Schiffsbestand um 20 Einheiten auf 285
Seeschiffe mit 2,2 Mill. BRT, ein Schrumpfungsprozeß, der vor allem in der zweiten
Jahreshälfte eintrat (und sich wenigstens zunächst auch im laufenden Jahr
fortsetzte). Seinen Anteil am deutschen Flottenbestand hat Bremen mit gut 28
behauptet.
Der nordeuropäische Küstenschiffahrtsmarkt gestaltete sich 1971 ungünstig. Seit
der Jahreswende 1970/71 nahm das Landungsangebot ab und bewirkte dement
sprechend ein Absinken der Nachfrage nach Schiffsraum und Druck auf das Ra
tenniveau. Von dieser Entwicklung war die deutsche Kümoflotte, die der Zahl der
Einheiten wie der Tonnage nach etwas mehr als 50 der nordeuropäischen
Küstenfahrt stellt, besonders betroffen. Das stetige Anwachsen ihrer Transport
leistung wurde 1971 unterbrochen: Trotz vorangegangener Umstrukturierung unter
Erhöhung der Ladekapazität des einzelnen Schiffes die Durchschnittsgröße
stieg um 8 blieben die Beförderungsquantitäten hinter dem vorjährigen Er
gebnis (25—26 Mill, t) zurück.
Das reduzierte Ladungsangebot wirkte sich besonders nachteilig aus, weil durch
starke Neubautätigkeit nicht nur deutscherseits, sondern auch von anderen
Nordseeanrainern der verfügbare Schiffsraum übermäßig angewachsen war.
Zudem nahm die Diskrepanz zwischen den eingefahrenen Erträgen und dem
Schiffsbetriebsaufwand ein krisenhaftes Ausmaß an. Durch die Lohnerhöhungen
der letzten Jahre und die Auflagen der neuen Schiffsbesetzungs- und Ausbildungs
ordnung (SBAO) hat die deutsche Küstenschiffahrt weit höhere Personal kosten
als die im gleichen Fahrtgebiet tätige ausländische Konkurrenz zu tragen.
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