Bundesrepublik Deutschland Wirtschaftsverlauf Wirtschaftspolitik Kapitalmarkt Im Spätfrühling 1971 machte sich eine Abkühlung des Konjunkturklimas bemerk bar. Hauptträger des Abschwächungsprozesses war der Investitionssektor: Vor allem die Nachfrage nach Ausrüstungsgütern schrumpfte sowohl im Inlands- wie im Auslandsgeschäft. Zwar konnte der Export gegenüber dem Vorjahr noch um 9 auf rund DM 136 Mrd ausgeweitet und gegenüber einer Zunahme der Importe um 10% auf rund DM 120 Mrd ein Ausfuhrüberschuß von DM 15,9 Mrd erzielt, d. h. das Vorjahresergebnis (DM 15,7 Mrd) trotz der siebenmonatigen Floating- Periode leicht übertroffen werden; doch verhaif zu diesem an sich befriedigenden Ergebnis die Abwicklung hoher Auftragsbestände, während das Neugeschäft ab Mai zurückging. Volumenmäßig verringerte sich das Ausfuhrwachstum auf knapp 7 (nach gut 8 im Vorjahr). In den letzten Monaten des Jahres verschärfte sich der abwärts gerichtete Konjunkturtrend durch den lange anhaltenden Arbeits kampf in der südwestdeutschen Metallindustrie. Die dort entstandenen Produk tionsausfälle und ihre negativen Auswirkungen auf andere Fertigungszweige wie die Kraftfahrzeugindustrie trugen dazu bei, daß die gesamtwirtschaftliche Pro duktion (gemessen am Bruttosozialprodukt zu konstanten Preisen) nach voran gegangener Stagnation zuletzt sogar leicht rückläufig war. Im Spannungsfeld einander konträr laufender Erfordernisse des außenwirtschaft lichen und des binnenwirtschaftlichen Bereiches waren Bundesregierung und Bundesbank bei ihrem Bemühen, wirtschaftliches Wachstum unter Wahrung der Geldwertstabilität zu steuern, vor schwerwiegende Entscheidungen gestellt. Haupt maßnahme gegen den das Gleichgewicht der Zahlungsbilanz störenden und damit stabilitätsgefährdenden Zustrom von Auslandsgeldern war die Freigabe des DM- Wechseikurses ab 10. Mai bis zum Realignment vom 18. Dezember, welche durch ein Stabilisierungsprogramm flankiert wurde. Des weiteren senkte die Bundesbank den Diskontsatz in drei Etappen von 6 auf 4 um der ausländischen Liquidität einen zinsniveaubedingten Anlageanreiz im Inland zu nehmen. (1972 wurde diese Linie durch abermalige Diskontermäßigung auf 3 mit Wirkung vom 15. Februar fortgeführt.) Im Zuge des Stabilisierungsprogrammes erging zwar ein Verzinsungsverbot für bestimmte ausländische Guthaben bei deutschen Kreditinstituten, aber der grenz überschreitende Geld- und Kapitalverkehr war keinerlei Beschränkungen unter worfen. Dies gilt insbesondere auch für das Auslandsengagement an den deut schen Effektenbörsen; der Nettoerwerb von festverzinslichen Werten seitens aus ländischer Käufer hat sich mit DM 1,6 Mrd gegenüber 1970 verdoppelt. Der Brutto absatz inländischer Emittenten auf dem Rentenmarkt lag um fast 50 höher als im Vorjahre und erbrachte mit DM 30,8 Mrd den absoluten Nachkriegsrekord. Die durchschnittliche Effektivverzinsung aller umlaufenden Rentenwerte erreichte in den Sommermonaten mit 8,5 ihren Höhepunkt.

Rabobank Bronnenarchief

Geschäftsberichte Norddeutsche Kreditbank | 1971 | | pagina 14