Handwerk
Bremerhaven
Passagierverkehr
Für das bremische Handwerk war 1970 leistungsmäßig ein Jahr des Wachstums: Seine Um
sätze erreichten bei einer Steigerungsrate von 10% (nach 12% im Vorjahr) mit DM 1,4 Mrd
den Höchststand der Nachkriegszeit. Anders verlief die Entwicklung in struktureller Hinsicht.
Der seit Jahren feststellbare Betriebsschwund ließ sich auch im Berichtszeitraum nicht auf
halten. Wie in der Vergangenheit kamen zahlreiche Kleinstbetriebe, sog. Einmannbetriebe,
krankheitshalber, wegen Überschreitens der Altersgrenze, Todesfalls und auch infolge Aufgabe
der beruflichen Selbständigkeit zum Erliegen; schließlich wanderten auch verschiedene Be
triebe in das niedersächsische Umland ab, das bessere Möglichkeiten der Betriebserweiterung
bzw. Neuansiedlung als der Stadtstaat bietet. Insgesamt verminderte sich die Zahl der ein
getragenen Handwerksbetriebe im Lande Bremen während des Berichtszeitraumes um 250
Einheiten oder 4,5 auf 5758 Betriebe.
Infolge dieses Rückganges, vor allem aber auch in Auswirkung der angespannten Lage auf
dem Arbeitsmarkt, nahm die Zahl der bremischen Handwerker um 2,5 auf rd. 38 000
Beschäftigte ab. Das auf ausgebildete Kräfte angewiesene Handwerk kann seinen Fehlbedarf
nur in sehr beschränktem Maße durch unqualifizierte Hilfskräfte aus dem Potential der Gast
arbeiter decken. Hieraus ergibt sich die Dringlichkeit der beruflichen Ausbildung und Nach
wuchspflege, für welche stärkere finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand erhofft
wird. Die Gewerbeförderungsanstalt Bremen inzwischen auch als Elektronik-Schulungsstätte
anerkannt konnte, zum guten Teil dank der Zuschüsse aus dem Arbeitsförderungsgesetz,
die Erwachsenenschulung intensivieren.
Die Entwicklung Bremerhavens mit seinen rd. 149 000 Einwohnern wurde kommunalpolitisch
vorangetrieben, wenn auch infolge der angespannten Haushaltslage einige Investitionsvor
haben zurückgestellt werden mußten. Die Stadt bemühte sich auch im Berichtsjahr, Firmen
für die Errichtung von Betriebsstätten im Stadtgebiet zu gewinnen und gab vor allem mittel
ständischen Unternehmen bei Investitionen mittels Zinszuschüssen eine Start- oder Über
brückungshilfe. Mit der 1970 erfolgten Anerkennung der Unterweserstadt als förderungswür
diger Schwerpunkt im Aktionsprogramm Nordwest-Niedersachsen hat sie als Industriestandort
an Anziehungskraft gewonnen und auch Neuansiedlungen in den Nachbargemeinden der
Stadt können jetzt gezielter gefördert werden. Erste Auswirkungen aus diesem Programm sind
schon im laufenden Jahre zu erwarten.
Der Bau des Container-Terminals im Überseehafen wurde beschleunigt fortgeführt, so daß
nach Ausbau der vier Liegeplätze hinter der Schleuse bereits im April dieses Jahres der erste
Liegeplatz am Weserstrom mit 350 m Länge, zwei Containerbrücken und 250 000 qm Aufstell
fläche in Betrieb genommen werden konnte. Weitere Hafenausbauten betrafen den Erzhafen
„Weserport“, dessen Umschlag im Berichtsjahr einen Rekord von 4 Mio t ex Seeschiff ver-
zeichnete. Eine Erweiterung, begonnen im Februar 1970 und beendet voraussichtlich Ende
1971, sieht eine Erhöhung der Anlagenkapazität auf 5 Mio t vor. Im Sommer 1970 wurden die
Strombauarbeiten für weitere Vertiefung der Außenweser auf 12 m unter Seekartennull ver
stärkt, wodurch die Fahrt tiefgehender Großraumschiffe auf Bremerhaven in Kürze weiter
tideunabhängig, schneller und damit wirtschaftlicher wird. Der seit Jahren für den binnen-
wärtigen Anschlußverkehr geforderte Bau der Bundesautobahn BremenBremerhavenCux
haven wurde insbesondere in den Bereichen Stadtumgehung Bremerhaven und Bremer
KreuzIhlpohl vorangetrieben.
Von insgesamt 412 Ankünften und Abfahrten an der Bremerhavener Columbuskaje betrafen
68 den Linien- und Kreuzreiseverkehr und 344 den Fährverkehr. Die außerordentlich günstige
Entwicklung des letzteren (Steigerungsrate über 150 hat die abermalige Verringerung des
herkömmlichen Überseeverkehrs, die der Konkurrenz durch die Luftschiffahrt zuzuschreiben
ist, mehr als ausgeglichen. Insgesamt erhöhte sich die Anzahl der Reisenden, die im zivilen
Fahrgastverkehr in Bremerhaven eintrafen oder abfuhren, gegenüber dem Vorjahr um 33401
auf 113 498. Seit Indienststellung des Neubaus „Prins Oberon“ (7933 BRT) im Juni 1970 läuft
der vor fünf Jahren eingerichtete Fährdienst Bremerhaven Harwich ganzjährig. Im Linien
dienst mit den USA erfolgten 12 Abfahrten (gegenüber 16 im Vorjahr): 6 mit der „Bremen“,
4 mit der „France“ und 2 mit der „Europa“. Auf seinen Rundreisen nach Kanada lief das
Leningrader Passagierschiff „Aleksandr Pushkin“ Bremerhaven zehnmal an. In der Kreuzfahrt
verminderten sich die Abfahrten von 22 im Jahre 1969 auf 7, erstmals ein Rückgang nach
stetiger Zunahme in den Vorjahren, der aber 1971 wieder gegenläufig ist. In der Helgoland-
Saison (25. April bis 4. Oktober) beförderte das vom Bremerhavener Columbusbahnhof ab
gehende MS „Roland von Bremen“ (4391 BRT) 161 000 Ausflügler und Urlauber, was einer
Zunahme um 10,6 entspricht. Damit hat sich 1970 die kräftige Frequenzsteigerung der bei
den letzten Jahre fortgesetzt und einen neuen absoluten Rekord erreicht.
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