Die bremische Hafenwirtschaft blickt auf 1970 als ein Jahr großer Anstrengungen, aber auch
erfreulicher Resultate zurück. In der Umschlagsentwicklung wurde eine neue Höchstleistung
erreicht; der Schiffsverkehr, an dem schon im Vorjahr die Flaggen von 69 Nationen beteiligt
waren, wuchs weiter und das Netz der Linien- bzw. Zubringerdienste, zu denen nunmehr
8 Vollcontainerverbindungen gehören, verdichtete sich. Die gute Hafenbilanz ist zu einem
wesentlichen Teil auf die Vorteile zurückzuführen, die das auf zwei vollwertigen Hafengruppen
den stadtbremischen Häfen mit weit vorgeschobener Binnenlage einerseits und den Häfen
Bremerhavens mit unmittelbarer Seenähe andererseits beruhende „Zwillingssystem“ in sich
vereinigt. Der Vergleich mit den Steigerungsraten im Güteraufkommen des letzten Jahres wie
Jahrzehntes bei den großen westlichen Nachbarhäfen der Europäischen Gemeinschaft macht
aber die Schärfe des Wettbewerbs und den hieraus resultierenden Investitionszwang deutlich.
Der Hafensektor wird denn auch von den erwähnten einschränkenden Maßnahmen, die Bre
men in diesem Jahr in Anpassung an das neue Konjunkturprogramm der Bundesregierung
vorzunehmen hat, nicht betroffen.
Die Hauptbemühungen mußten sich in Berücksichtigung der Trends neuzeitlicher Verkehrs
arten weiterhin auf Bremerhaven konzentrieren; doch auch am Ausbau der stadtbremischen
Häfen, der Vergrößerung ihrer Lagerkapazitäten und Modernisierung ihrer Ausrüstung
wurde planmäßig weitergearbeitet. So gewiß der Fortbestand der Selbständigkeit des
Stadtstaates die wichtigste Voraussetzung für die Erfüllung seiner Funktion als
internationaler Seehafenplatz ist, so sehr bedürfen die Aufgaben der Infrastruktur in Pla
nung und Ausführung der überstaatlichen Zusammenarbeit. Hierbei fällt der am 31. März 1970
von den Ländern Bremen und Niedersachsen gegründeten und paritätisch besetzten Wirt
schaftsförderungsgesellschaft mbH Weser-Jade im Rahmen der gesteckten Ziele über Raum
ordnung und Landesplanung eine tragende Rolle zu.
Das Seegüteraufkommen in den bremischen Häfen wuchs 1970 um 13,8% auf 23,5 Mio t,
wobei der weitaus größte Teil der Mehrleistung den Güterempfang betraf. Im Rahmen des
Gesamtergebnisses erhöhte sich der Stückgutumschlag, an dem Containerladungen mit rd.
10% beteiligt waren, um 6,2 auf 11,8 Mio t. An Massengut wurden 11,7 Mio t umgeschlagen,
mit einer Zunahme von 21,7% das Ergebnis eines außerordentlichen Aufschwungs. Damit
gestaltete sich die Umschlagsbilanz volumenmäßig zu fast gleich großen Teilen aus den bei
den Güterarten. Da die stadtbremischen Häfen ihren Umschlag im Vergleich zum Vorjahr um
10,9 Bremerhaven aber um 18,8 steigerten, ergab sich als neuer Proporz der beiden
Hafengruppen am Gesamtaufkommen ein Verhältnis von 67,2 für Bremen-Stadt zu 32,8
für Bremerhaven. Zur abermaligen Verschiebung der Relation zugunsten von Bremerhaven
trug die wachsende Bedeutung des Containerverkehrs und dessen Zug zur Küste bei, ein
Trend, auf den sich Bremen durch Schaffung großzügiger Anlagen in seinem Nordseehafen
eingerichtet hat: Während die Hafengruppe Stadt-Bremen ihren Stückgutumschlag um 1,8%
erhöhte, erzielte Bremerhaven eine Mehrleistung von 24,4 Erstmals befand sich auch Lash-
Ladung darunter, nachdem am 1. September das erste Lash-Schiff (lighter aboard ship) Bre
merhaven angelaufen hatte. Die stadtbremischen Häfen ihrerseits buchten mit 1,4 Mio t
26,4%) den größeren Teil des Mehraufkommens an Massengut.
Obwohl die deutsche Handelsflotte durchweg befriedigend ausgelastet war und die Frachten
märkte sich teilweise günstig gestalteten für die Trampfahrt erhöhte sich der Index im
Jahresverlauf um 46 für die Tankerfahrt um nahezu 100 während das Ratenniveau der
im bremischen Seeverkehr dominierenden Linienfahrt ziemlich konstant blieb konnte nicht
ein gleich zufriedenstellendes Ergebnis wie im Vorjahr eingefahren werden. (Inzwischen hat
sich auch die Frachtratensituation wieder entschieden verschlechtert.) Die zu Anfang 1970
erfolgte Heueranhebung, die große Treibstoffverteuerung, die Erhöhung des Versicherungs
aufwandes, der Lade- und Löschkosten nebst Hafengebühren ließen die Betriebskosten an
schwellen. Weitere erhebliche Belastungen brachten in Anbetracht des hohen Kreditbedarfs
der Reedereien das Zinsniveau und im Hinblick auf den harten Zwang zur Flottenumrüstung
besonders gravierend der sprunghafte Anstieg der Neubau- und Reparaturkosten. Schließ
lich sind die Schiffsunternehmen beunruhigt durch die Bestimmungen der neuen Schiffs
besetzungsvorschriften, deren Durchführung die Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wett
bewerb so beeinträchtigt, daß einige Reedereien bereits mit ihren Schiffen auf fremde Flaggen
ausgewichen sind. In dieser Situation mußte da die Frachtraten auf den Weltmeeren durch
weg in amerikanischer und britischer Währung berechnet werden nach den durch die Auf
wertung der Deutschen Mark im Oktober 1969 entstandenen Einbußen die inzwischen erfolgte
Freigabe des Wechselkurses der Deutschen Mark und die damit verbundene Ungewißheit
Hafenwirtschaft
Seegüter
umschlag
Seeschiffahrt
11