Außenwirtschaft In beiden Bereichen des Außenhandels hat sich das Wachstum verlangsamt. In der Ausfuhr
(DM 125,3 Mrd) mehrte es sich um 10,3% gegenüber 14,1 im Vorjahre, in der Einfuhr
(DM 109,6 Mrd) um 11,9 gegenüber vorjährig 20,7 Der Exportüberschuß des Jahres 1970
war daher mit DM 15,7 Mrd noch etwas größer als 1969. Da indes der Dienstleistungsverkehr
mit dem Ausland stark defizitär war (DM 3,9 Mrd), betrug der Aktivbeitrag der Leistungs
bilanz zur Zahlungsbilanz nur DM 2,4 Mrd. Auch der langfristige Kapitalverkehr mit dem Aus
land wies ein Defizit (DM 4,4 Mrd) aus, so daß ein strukturelles Ungleichgewicht der deutschen
Zahlungsbilanz von diesen Positionen her nicht gegeben war. Die extreme Aufblähung der
Devisenreserven wurde vielmehr durch eine kurzfristige Verschuldung der deutschen Wirtschaft
im Ausland verursacht. Im April und Anfang Mai dieses Jahres kam die Spekulation des Aus
landes auf eine abermalige Aufwertung der deutschen Währung hinzu, und zwar in einem
solchen Ausmaße, daß die bundesdeutschen Organe sich zur vorgenannten Freigabe des
Wechselkurses entschlossen.
Bundesbank- Angesichts der Konjunkturlage und der Zahlungsbilanzentwicklung war die Politik der Bun-
politik desbank auf Einengung der Liquidität abgestellt. Vor allem kreditpolitische Maßnahmen, ins
besondere die mehrfache Erhöhung der zinslosen Pflichteinlagen der Banken (Mindestreser
ven), erwiesen sich als liquiditätsabschöpfend, so daß der einheimische Geldmarkt im Verlauf
des Jahres ständig stark angespannt war. Zu dieser Grundlinie in der Notenbankpolitik kam
eine restriktive Zinspolitik. Die Bundesbank erhöhte den Diskontsatz im März um 1Vi auf
7% das höchste Niveau der Nachkriegszeit führte ihn aber dann in drei Etappen auf
den vorigen Stand von 6 zurück. Zum 1. April dieses Jahres wurde eine nochmalige Redu
zierung auf 5 vorgenommen.
Diese Maßnahmen erfolgten mit Rücksicht auf das von den USA ausgehende internationale
Zinsgefälle, das zu Geldanlagen in der Bundesrepublik reizte und damit zur
Devisenschwemme beitrug. Daß auch mit der letzten Senkung an keine Lockerung der
konjunkturdämpfenden Liquiditätspolitik gedacht war, sondern eher an ihre Verschärfung,
zeigte die gleichzeitig erfolgte Kürzung der Rediskontkontingente sowie die neue drastische
Erhöhung der Mindestreservesätze mit Wirkung vom 1. Juni 1971, womit rd. DM 5 Mrd still
gelegt wurden. Diese Maßnahmen liegen zugleich im Rahmen des neuen wirtschaftspolitischen
Rezeptes der Bundesregierung, das nach den bisherigen Verlautbarungen der Währungs
stabilität den Vorrang einräumt. Am 3. Juni dieses Jahres intervenierte die Bundesbank erst
mals seit der Wechselkursfreigabe vom 8. Mai an den Devisenmärkten durch Dollarabgaben,
wodurch sich der Dollarkurs im Bankendevisenhandel auf DM 3,5600 bis DM 3,5625 ermäßigte.
Seitdem gab der Kurs unter Schwankungen weiter nach bis auf seinen niedrigsten Stand von
DM 3,4941 am 24. Juni, was einem Aufwertungseffekt von etwa 4,7 entspricht.
Freie Hansestadt Im Zeichen der allgemeinen Hochkonjunktur expandierte auch Bremens Wirtschaft kräftig und
Bremen erbrachte auf mehreren Gebieten neue Rekordleistungen. Vollzog sich in früheren Jahren des
Booms das bremische Wachstum durchweg gemäßigter als im Bundesdurchschnitt, so übertraf
diesmal der Anstieg seines Bruttoinlandsproduktes um nominell 14% (auf rd. DM 10,7 Mrd)
und real 7% das Vergleichsergebnis des Bundes von 12,5% bzw. 4,6%. Der Vorsprung
ergab sich im wesentlichen durch die stärkere Erhöhung des Güterausstoßes; er nahm nomi
nell um 16,6% zu gegenüber 13,5% im Bundesgebiet. Aber auch die übrigen Wirtschafts
bereiche des Landes partizipierten, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, am Wachstum,
so die für die Hansestadt besonders bedeutenden Bereiche Handel und Verkehr 9,7%)
und Dienstleistungen 13,1 Im übrigen spiegelt die erhebliche Divergenz zwischen der
nominellen und der realen Wachstumsrate den starken Preisauftrieb des Berichtsjahres wider:
Der preisbereinigte Produktivitätsfortschritt (Indexbasis 1962 100) lag beim Bund um 3,3
und in Bremen um 1 niedriger als im Vorjahr.
Das Steueraufkommen im Lande Bremen betrug 1970 DM 3,83 Mrd, somit nahezu DM 255 Mio
mehr als 1969; allerdings verblieben in Auswirkung der durch die Finanzreform vorgenom
menen Neuverteilung dem Land rd. DM 1,025 Mrd, d. h. DM 9,8 Mio weniger als im Jahre
zuvor. Rund 40 des in Bremen verbleibenden Steuer- und Gebührenaufkommens wurden
von den bremischen Häfen und der unmittelbar oder mittelbar mit ihnen verbundenen Wirt
schaft aufgebracht. Der Beitrag Bremens zum Stabilisierungsprogramm des Bundes des lau
fenden Jahres, bestehend in einer Einbringung in die Bundes-Konjunkturrücklage, Einschrän
kung des Kreditvolumens und Drosselung der Investitionen, erfordert eine Ausgabenbeschnei
dung von vorerst rd. DM 52 Mio. Wirtschaftsförderung und eine gezielte Stadtentwicklung
bilden neben der Reform und dem Ausbau des Bildungswesens weiterhin die Schwerpunkte
bremischer Landespolitik.
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