Rentenmarkt
Aktienmarkt
Freie Hansestadt
Bremen
fung des Preisauftriebs blieb aber infolge der expansiven Lohnentwicklung aus. Zwar hatten
sich auch noch 1969 die Kosten für die Lebenshaltung mit 2,9 °/o (Vorjahr 2,5 im Vergleich
mit anderen europäischen Industrieländern unterdurchschnittlich erhöht, doch im letzten
Quartal mit steigender Tendenz, die sich in diesem Jahre beschleunigt und auf breiter Front
fortsetzte. Nachdem sich die Bundesregierung zu eigenen Maßnahmen der Konjunktur
steuerung über den bisherigen Umfang hinaus nicht durchzuringen vermochte, hat die Bun
desbank am 6. März dieses Jahres mit der Heraufsetzung der Diskontrate auf 71/* und des
Lombardsatzes auf 9V2 °/o mithin auf internationales Spitzenniveau und den absoluten
Höchststand der deutschen Nachkriegszeit ihre Restriktionspolitik drastisch verschärft
und damit nachdrücklich dokumentiert, daß sie ein Wirtschaftswachstum zu Lasten der
Preisstabilität im jetzigen Ausmaß nicht zu tolerieren bereit ist.
Der Markt für inländische Rentenwerte war erheblichen Belastungen ausgesetzt. Die sukzes
sive Verschärfung der Konjunkturpolitik und die damit verbundenen Veränderungen des
Zinsgefüges machten alle Ansätze zu einer Konsolidierung wieder zunichte. Im Mai löste der
siebenprozentige Anleihetyp den erst im Herbst des Vorjahres eingeführten Sechsprozenter
ab; im November erfolgten dann Neuemissionen zu 7Va Dies brachte entsprechende Kurs
rückschläge, so daß die Umlaufrendite für Inlandstitel während des Jahres von 6,5 auf
7,4 °/o anstieg. Zwar hat das Wertpapiersparen bei der Bevölkerung weiter an Boden ge
wonnen und haben die Investmentgesellschaften einen großen Teil ihres Mittelaufkommens
Rentenfonds zugeführt; ausschlaggebender aber waren die ungünstigen Faktoren: bis zur
Aufwertung das internationale Zinsgefälle und nach derselben das Versiegen der Banken
liquidität. Mit der Plazierung von Rentenpapieren inländischer Emittenten in Höhe von
brutto DM 18,9 bzw. netto 13,5 Mrd wurde daher das Rekordergebnis des Vorjahres (DM 22,6
bzw. 17,8 Mrd) nicht wieder erreicht. Hingegen war 1969 wiederum ein Spitzenjahr für Aus
landsemissionen. Der Absatz der entsprechend attraktiv ausgestatteten Anleihen im Gesamt
wert von DM 6,2 Mrd übertraf selbst das ungewöhnlich hohe Vorjahresresultat um fast 20 °/o.
Für die deutschen Aktienmärkte war 1969 ein zwar recht bewegtes, aber doch befriedigendes
Börsenjahr. Das günstige Ertragsbild der meisten Gesellschaften gab den Rückhalt für eine
positive Grundtendenz. Die Kursentwicklung ging unter zeitweiligen Rückschlägen nach
oben. Ausgeprägt war der Auftrieb im Mai und Juni, als im Zuge der Aufwertungsspekula
tion das Ausland größere Käufe vomahm. Nach Ablehnung der erwarteten Wechselkurs
änderung durch die vorige Bundesregierung bildete sich der Kursindex (31. 12. 1965 100)
vom Höchststand am 9. Juni (151,2) bis Mitte Juli auf 135,4 d.h. fast auf den Stand zu
Anfang des Jahres zurück. Dann setzte unter leichten Schwankungen wieder eine breite
Erholung ein, die am 27. November mit 163,4 kulminierte. Bis zum Jahresende schwächte sich
schließlich der Gesamtindex auf 154,6 ab, so daß im Ergebnis für 1969 eine Kurssteigerung
von 16,5% (Vorjahr: 14,1 verblieb. Zwischen den einzelnen Branchen und teilweise auch
innerhalb derselben verlief die Bewegung sehr differenziert. International bekannte Stan
dardwerte konnten im Durchschnitt ihren Vorjahresstand nicht halten, während bisher ver
nachlässigte Aktiengruppen aufgrund verbesserter Absatzlage der Unternehmen aufholten
und der in der Wirtschaft bemerkbare Konzentrationsprozeß verschiedene Spezialwerte stark
favorisierte. Trotz des günstigen Börsenklimas war die Kapitalaufnahme durch Begebung
junger Aktien DM 1,7 Mrd nicht größer als im Jahre zuvor.
Die Wirtschaft des Landes Bremen sah sich im Berichtsjahr großen Anforderungen gegen
übergestellt, denen sie mit Elastizität und gesteigerter Leistungsfähigkeit begegnete. Die
lange anhaltende Ungewißheit in der heftig umstrittenen Aufwertungsfrage und die schließ
lich erfolgte Änderung des Wechselkurses selbst mußte sich für den Stadtstaat mit seiner
starken Außenhandelsorientierung und seinen sonstigen vielfältigen Verknüpfungen mit der
Weltwirtschaft belastender als für das Binnenland auswirken. Die bremische Wirtschafts
entwicklung vollzog sich, wenn auch strukturbedingt differenziert, im Rahmen der allgemei
nen Hochkonjunktur. Deren Begleiterscheinungen machten sich auch in Bremen bemerkbar.
Zentraler Engpaß war der bei einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 0,6% aus
geschöpfte Arbeitsmarkt. Wie in allen Jahren starken Konjunkturauftriebs blieb auch 1969
das Wirtschaftswachstum Bremens vergleichsweise gemäßigt. Während (nach ersten vor
läufigen Berechnungen) das Bruttosozialprodukt in der Bundesrepublik nominal um 11,6%
und real um 8,0 zunahm, betrugen die entsprechenden Steigerungsraten in Bremen 10,8
bzw. 7,6%. Dagegen ermöglichte die spezifische Position Bremens mit seiner Ballung von
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