Bericht des Vorstandes über das Geschäftsjahr 1968
A. Allgemeine Entwicklung
Im Verlauf des Jahres 1968 hat das Wachstum der Weltproduktion beschleunigt zugenom
men. Es wird vom Generalsekretariat des General Agreement on Tariffs and Trade (GATT)
auf etwa 6 v. H. gegenüber 4 v. H. im Vorjahre berechnet und resultiert im wesentlichen aus
dem konjunkturellen Auftrieb, der sich in einer Reihe von Industrienationen, darunter vor
nehmlich den USA, der Bundesrepublick Deutschland und Japan, ergeben hatte. Die kräftige
Steigerung des Austausches von Industriegütern leistete den Hauptbeitrag zur Expansion des
Welthandels, die sich ebenfalls nach den Ermittlungen des GATT volumenmäßig auf
12 v. H. belief. Aber auch für die Rohstoffländer stand das Berichtsjahr unter günstigeren
Aspekten, da sich das allgemeine Preisniveau an den Rohwarenmärkten, besonders im letzten
Jahresquartal, erhöhte. Reuter's Index für britische Rohwarenpreise erreichte zum Jahres
ultimo 1968 mit 518,5 Punkten (19. 9. 1931 100) seinen höchsten Stand seit 16 Jahren.
Die währungspolitische Unruhe, die schon für das vorangegangene Jahr kennzeichnend war,
ist 1968 noch beträchtlich gewachsen. Die privaten Goldkäufe nahmen symptomatisch für
eine Vertrauenskrise gegenüber dem US-Dollar solche Ausmaße an, daß die sieben am
Goldpool beteiligten Länder auf ihrer Konferenz in Washington (16.18. März) beschlos
sen, nicht mehr am Goldmarkt stabilisierend zu intervenieren. Dies war das Ende des 1961
gegründeten Goldpools und bewirkte die Spaltung des Goldmarktes in Währungsgold mit
der bisherigen fixen Relation zum US-Dollar und in Gold des von Angebot und Nachfrage
bestimmten freien Marktes. Damit wurde die Goldspekulation wenigstens zunächst
gedämpft.
Im weiteren Verlauf des Jahres wurden, ausgehend von der entgegengesetzten Zahlungs
bilanzentwicklung in Frankreich und in der Bundesrepublik, die Währungen der beiden Län
der Zielpunkte der Spekulation. Dank der währungspolitischen Kooperation der im sog.
Zehner-Club vereinten Länder und der von ihnen London und Paris zur Verfügung gestellten
Stützungskredite von je US-$ 2 Milliarden konnten Paritätsänderungen bedeutender Wäh
rungen vermieden werden. Leider sahen sich einige Länder veranlaßt, zur Sanierung ihrer
Zahlungsbilanz dirigistische und protektionistische Maßnahmen zu ergreifen. So schränkte
Frankreich nach der Bonner Konferenz (20.—22. November) die Inländerkonvertibilität
zwecks Eindämmung der Kapitalflucht ein, während die Regierung der Bundesrepublik mit
dem bis Ende März 1970 limitierten Gesetz zur außenwirtschaftlichen Absicherung sich ein
Instrument schuf, mit dem ein aufwertungsähnlicher Effekt erreicht werden soll.
In der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) wurde am 1. Juli 1968, eineinhalb Jahre
vor dem Ende der vertraglichen Übergangszeit, die Zollunion vollendet. Dies bedeutet Auf
hebung aller zwischen den Mitgliedsländern noch bestehenden Zölle und Einfuhrbeschrän
kungen für industrielle Erzeugnisse, während Drittländern gegenüber ein gemeinsamer
Zolltarif zur Anwendung kommt. Als schweres Problem erwies sich in der EWG die gemein
same Agrarpolitik, die in ihrer bisherigen Form zu großen Überschüssen gewisser landwirt
schaftlicher Erzeugnisse führte, deren Subventionierung vor allem zu Lasten der Bundes
republik ging, über die von der EWG-Kommission vorgelegte langfristige Strukturreform
(Mansholt-Plan) bestehen innerhalb der Agrarwirtschaft geteilte Auffassungen. Die Erwei
terung der EWG durch Drittländer ist infolge der Haltung Frankreichs weiterhin blockiert.
Zudem besteht zwischen Frankreich einerseits und den fünf übrigen Partnern der Gemein
schaft andererseits kein gemeinsames Vorstellungsbild über die Form der künftigen poli
tischen Integration.
Die Europäische Freihandelszone (EFTA), in welcher Zollunion für Industriegüter seit Ende
1966 besteht, hatte 1968 als Zielsetzung die Verbesserung ihrer Handelsmöglichkeiten, unter
Weltwirtschaft
Internationale
Währungspolitik
EWG
EFTA
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