Getreidepreise einen wichtigen Schritt vorwärts. Eine bereits kritisch gewordene Situation
der europäischen Politik konnte auf diese Weise überwunden werden.
Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA)
haben für ihre Vollmitglieder wiederum im gleichen Rhythmus und Ausmaß die Handelszölle
auf Industriegüter gesenkt, so daß der interne Zollabbau seit Inkrafttreten der Gründungs
verträge übereinstimmend 70 v. H. beträgt. Der plötzliche Entschluß Großbritanniens im
Oktober, seine wesentlichen Einfuhren vorübergehend einer zusätzlichen Importabgabe zu
unterwerfen, hat insbesondere innerhalb der EFTA zu erheblichen Meinungsverschieden
heiten mit den Partnerländern geführt und das Vertrauen in die Geltung der vertraglichen
Welthandelsprinzipien gefährdet.
In der Bundesrepublik hat sich der konjunkturelle Aufschwung seit Herbst 1963 im Be
richtsjahr verstärkt. Das Bruttosozialprodukt, das nach der ersten vorläufigen Berechnung
des Statistischen Bundesamtes DM 412,5 Milliarden erreichte, übertraf mit der Zunahme um
9.6 v. H. die Ergebnisse der beiden Vorjahre (1963: 6,2 v. H.; 1962: 8,8 v. H.). Real gerechnet,
d. h. unter Ausschaltung der Preisveränderungen seit 1954, betrug der Zuwachs 6,5 v. H. ge
genüber 3,2 v. H. und 4,1 v. H. in den beiden Vorjahren. Das Volkseinkommen, an dessen
Erhöhung die Einkommen aus unselbständiger Arbeit und die Einkünfte aus Unternehmer
tätigkeit und Vermögen in nahezu gleichem Maße beteiligt waren, stieg um 9,5 v. H. auf
DM 315,3 Milliarden. Demgegenüber hielt sich die Verteuerung der Lebenshaltungskosten,
die im Jahresdurchschnitt um 2,3 v. H. höher als 1963 waren, in Grenzen. Bei gleichzeitiger
Ausweitung des Konsums übertraf der Zuwachs der Spareinlagen das hohe Vorjahresergeb
nis um 15,6 v. H. und ließ den gesamten Spareinlagenbestand auf DM 94,2 Milliarden
anwadisen. Hinzu kommt die Kapitalbildung aus Bausparen, Lebensversicherungen und
vermehrten Wertpapieranlagen.
Der konjunkturelle Aufschwung erfaßte, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, nahezu alle
Industriebereiche und erbrachte einen Produktivitätsfortschritt, der mit 9,2 v. H. das Vor
jahresergebnis (3,5 v. H.) um mehr als das Doppelte übertraf. Besonders ausgeprägt war die
Expansion bei den Grundstoffindustrien. Während zunächst noch die stärksten Impulse vom
Exportsektor ausgingen, verlagerte sich das Schwergewicht im Laufe des Jahres auf die
Binnennachfrage. Die Auftragseingänge stiegen im Durchschnitt der gesamten Industrie um
15 V. H. an. Von den einzelnen Industriezweigen erzielten die kräftigsten Zuwachsraten die
Kunststoffverarbeitung 24,3 v. H.), die eisenschaffende Industrie 19,2 v. H.), die
Metallgießereien 16,6 v. H.) und die Chemische Industrie 14,4 v. H.).
Auf dem Arbeitsmarkt zeigten sich im Berichtsjahr keine Entspannungstendenzen. Obwohl
die Zahl ausländischer Arbeiter von 800 000 Mann auf inzwischen mehr als 1 Million
anstieg, übertraf im Herbst die Zahl der offenen Stellen die der Arbeitslosen um rund das
Siebenfache. Der Mangel an Arbeitsreserven sowie die wiederum beträchtlich, und zwar um
8.7 v. H., gestiegenen Lohnkosten zwingen die Unternehmen zu fortgesetzten Rationalisie
rungsanstrengungen. Die Zahl der im Jahresdurchschnitt beschäftigten Arbeitnehmer belief
sich auf 21,5 Millionen.
Im Außenhandel der Bundesrepublik, dessen Ausfuhrwerte DM 64,9 Milliarden und dessen
Einfuhrwerte DM 58,8 Milliarden betrugen, ergab sich ein Aktivsaldo von DM 6,1 Milliarden
gegenüber DM 6,0 Milliarden im Jahre 1963. Der Zuwachs in der Exportleistung, 11,3 v. H.,
lag zwar erneut über dem hohen Vorjahresergebnis (10,1 v. H.), wurde aber von der Stei
gerungsquote der Importe, 12,6 v. H. (1963: 5,6 v. H.), übertroffen. Die Entwicklung zugun
sten der Einfuhr wurde dadurch gefördert, daß die Bundesregierung aus konjunkturpoliti
schen Gründen mit Wirkung vom 1. Juli die Zölle für gewerbliche Güter aus dem EWG-Raum
ohne Gegenleistung um 50 v. H. bzw. bei einigen besonderen Warengruppen um 25 v. H.
gesenkt hat. Eine Sonderentwicklung nahm der Güterverkehr mit den Vereinigten Staaten
insofern, als die westdeutschen Exporte kräftig anstiegen, während die Importe aus den USA
nur noch geringfügig Zunahmen. Nach Abzug des Passivsaldos aus der Dienstleistungsbilanz
(DM 0,8 Milliarden) ergibt sich als Beitrag der Außenwirtschaft zur Devisenbilanz ein Betrag
von DM 5,3 Milliarden.
Im Kapital verkehr mit dem Ausland trat ein Umschwung ein. Während die Kapitalbilanz im
Vorjahr einen Uberschuß von DM 2,2 Milliarden ausgewiesen hatte, erbrachte das Berichts
jahr ein Defizit von DM 2,3 Milliarden. Dieses Ergebnis ist im Bereich der langfristigen Be-