Bericht des Vorstandes über das Geschäftsjahr 1962
A. Allgemeine Entwicklung
Das Jahr 1962 war von weltpolitischen Spannungen erfüllt, die sich in der Kuba-Krise im
Oktober bedrohlich zuspitzten.
Der Welthandel stand auch im letzten Jahr im Zeichen des Überangebotes auf den Agrar-
und Rohstoffmärkten bei anhaltender rückläufiger Preisentwicklung. Die Zahlungsbilanz
schwierigkeiten der Monokulturländer haben sich dadurch weiter verstärkt.
In den USA und Großbritannien bestimmten Zurückhaltung in den Investitionen und ver
ringerte Kapazitätsausnutzung das Konjunkturbild. Auch in den kontinentaleuropäischen
Industrieländern hat sich nach der starken Expansion der letzten Jahre der konjunkturelle
Aufschwung merklich verlangsamt. Diese Abschwächung fand ihren Ausdruck in einem Nach
lassen der Investitionen und einer Verschärfung des internationalen Wettbewerbs.
Die für die Zukunft des Kontinents so bedeutsamen Verhandlungen über den Beitritt Groß
britanniens zur EWG, deren positiver Verlauf zu einem Zusammenwachsen der EFTA und
der EWG geführt hätte, blieben bisher ohne Erfolg. Nach dem Abbruch der Verhandlungen
am 29. Januar 1963 kann noch nicht übersehen werden, welcher Weg sich für die Regelung
der offenen Fragen finden läßt. Die Assoziierung Griechenlands an die EWG wurde am
1. November wirksam. Von Spanien wurde im Februar 1962 ein formeller Antrag auf Beitritt
gestellt; Zypern beantragte im Dezember 1962 die Assoziierung.
Im Rahmen der zweiten Stufe des EWG-Vertrages sind als wichtige Etappen die am 13. März
in Kraft getretene 1. Kartellverordnung sowie die am 1. Juli erfolgte 5. Binnenzollsenkung
anzusehen. Mit dem 1. August wurde die erste Phase des gemeinsamen europäischen Agrar
marktes wirksam, dessen Ziel ein einheitliches Preisniveau für landwirtschaftliche Pro
dukte ist.
Bedeutsam für den Handel zwischen der EWG und den USA werden die dem amerikanischen
Präsidenten vom Kongreß am 4. Oktober mit dem „US Trade Expansion Act" eingeräumten
Vollmachten für den Abbau der Auslandszölle sein.
Die westdeutsche Wirtschaft hatte einen weiteren Aufschwung zu verzeichnen, der in einer
Erhöhung des Bruttosozialproduktes nach vorläufigen Schätzungen auf DM 336,8 Milliarden
gegenüber DM 310,4 Milliarden im Vorjahr zum Ausdruck kommt. Dabei zeigt sich, daß die
reale Zuwachsrate sich verlangsamt und nur noch 4,1 v. H. gegenüber 5,5 v. H. und 8,8 v. H.
7