Diese Entwicklung war währungspolitisch äußerst unwillkommen. Die mit der Hochkon
junktur verbundene Kapazitätsausweitung einer Reihe von Industriezweigen sowie die
durch Lohn- und Gehaltserhöhungen bewirkte Nachfrage nach Konsumgütern gefährdeten
das Kosten- und Preisgefüge. Die Deutsche Bundesbank verschärfte daher ihre seit Herbst
1959 eingeleiteten Restriktionsmaßnahmen und setzte den Diskontsatz am 3. 6. 1960 von
4 Prozent auf 5 Prozent herauf. Die Verzinsung ausländischer Sicht- und Termineinlagen
wurde untersagt. Die Liquidität der Kreditinstitute wurde durch Kürzungen der Rediskont
kredite eingeengt und außerdem die Mindestreservesätze mehrfach, zeitweise bis zu der
gesetzlich zulässigen Höchstgrenze, heraufgesetzt. Die Einbeziehung der seitens der Kund
schaft bei Dritten im Ausland benutzten Kredite, soweit sie den Stand vom 31. Mai 1960
überschreiten, in die Mindestreservepflicht, traf durch die hierdurch bedingte Kostener
höhung besonders die inländischen Banken, welche in der Importfinanzierung tätig sind, und
führte dazu, daß von der privaten Wirtschaft in größerem Umfange Direktkredite im Ausland
aufgenommen wurden.
Es zeigte sich, daß die Maßnahmen der Bundesbank den verstärkten Zustrom von Auslands-
geldem nicht verhindern konnten. Spekulationen auf Änderungen in den Währungsparitäten
wirkten den Bestrebungen der Bundesbank entgegen. Die Bundesbank entschloß sich deshalb
im Spätherbst im Anschluß an vorangegangene Diskontsenkungen in den USA, Groß
britannien und Frankreich zu einer Änderung ihrer Zinspolitik. Sie ermäßigte unter gleich
zeitiger leichter Lockerung der Vorschriften für die Mindestreserven den Diskontsatz wieder
auf 4 Prozent und machte den Weg frei für eine neue, vorwiegend international orientierte
Währungspolitik.
Im Laufe des Jahres 1961 hat die Bundesbank durch die erneute Senkung des Diskontsatzes
am 20. 1. 1961 auf 3% Prozent eine weitere Anpassung der deutschen Zinssätze an das
niedrigere Zinsniveau im Ausland angebahnt. Mit der am 4. 3. 1961 durchgeführten Auf
wertung der D-Mark um 4,76 v.H. wurde eine umstrittene Entscheidung getroffen, die
besonders in Außenhandels-, Werft- und Schiffahrtskreisen berechtigte Besorgnisse aus
gelöst hat.
Der Geldmarkt stand im Berichtsjahr zunehmend im Zeichen der Restriktionspolitik der
Deutschen Bundesbank und der Abschöpfung von Liquiditätsmitteln. Aus diesem Gesichts
punkt erfolgte auch im Spätherbst die Übernahme von DM 1 Mrd. unverzinslicher Schatzan
weisungen der Deutschen Bundesrepublik mit zweijähriger Sperrfrist durch die Kredit
institute. Die gewerbliche Wirtschaft erklärte sich bereit, für die Entwicklungshilfe im Jahre
1961 DM 1,5 Mrd. aufzubringen, die ebenso wie die vorgesehenen Leistungen der Länder
und des Bundes für die Entwicklungshilfe zugleich der Geldabschöpfung dienen sollen.
Der Privatdiskontmarkt litt unter den auf dem Geldmarkt lastenden Restriktionen. Bei
schwachen Umsätzen herrschte ein ständiger Angebotsüberhang, der vornehmlich bei der
Notenbank untergebracht wurde. Mit Bedauern ist festzustellen, daß im Hinblick auf die
währungspolitisch erwünschte Ausweitung der Einfuhren dem Anliegen der Importeure,
die Privatdiskonten von der Wechselsteuer zu befreien, bisher nicht entsprochen wurde.
Auf dem Kapitalmarkt standen die Rentenwerte lange Zeit unter anhaltendem Kursdruck.
Im Sommer kamen für kurze Zeit Pfandbriefe mit einem Nominalzinssatz von 7 Prozent auf
den Markt. Allmählich bildeten sich für neue Emissionen die Nominalzinssätze auf 6% und
6 Prozent zurück. In Anbetracht der hohen Kreditkosten wurden Anleihewünsche vielfach
zurückgestellt. Die Konsolidierung des Rentenmarktes wurde durch Auslandskäufe sowie
die Erwartung einer Diskontsenkung wirksam unterstützt. Neue Emissionen erreichten mit
rund DM 4,5 Mrd. nur etwa die Hälfte des allerdings besonders guten Vorjahresergebnisses.
Hierbei fehlten Industrieobligationen völlig, da die Industrie ihren Bedarf an Fremd
finanzierung auf andere Weise, insbesondere durch Aufnahme von Schuldscheindarlehen,
zu befriedigen suchte.
Aktienmarkt stand bis Mitte August im Zeichen weiterer starker Kurssteigerungen;
Neben der Inlandsnachfrage aus immer breiteren Kreisen spielten Auslandskäufe eine be
deutsame Rolle. In den letzten Monaten des Berichtsjahres ergaben sich vielfach durch
ausländische Verkäufe beachtliche Kursrückgänge. Im ganzen hat sich Ende 1960 das Kurs
niveau gegenüber dem Vorjahr von 504,2 auf 703,6, d. h. um 38 v.H., erhöht. Insgesamt
wurden am Aktienmarkt neue Emissionen hauptsächlich aus Kapitalaufstockungen im
Nominalwert von DM 1,9 Mrd. abgesetzt.
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