Bericht
des Vorstandes
Gesamtwirtschaftlicher Überblick
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Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wird
noch immer überwiegend durch die alten Bundeslän
der geprägt, da etwa 90 Prozent des Bruttoinlands
produkts auf Westdeutschland entfallen.
Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen
Bundesamtes nahm das Bruttoinlandsprodukt von
1993 auf 1994 in Deutschland real um 2,9 Prozent zu,
nachdem es 1993 gegenüber 1992 noch um 1,1 Pro
zent zurückgegangen war. Damit wies dieses Jahr ein
beachtliches Wachstum auf und alle Anzeichen deuten
darauf hin, daß die deutsche Wirtschaft wieder in eine
konjunkturelle Aufschwungphase einmündet.
Während sich das Bruttoinlandsprodukt in den alten
Bundesländern real um 2,3 Prozent auf 2 709 Mrd.
DM erhöhte, wuchs es in den neuen Ländern ein
schließlich Ostberlin um 9,2 Prozent auf 257 Milliar
den DM und damit erneut wesentlich stärker als in
Westdeutschland.
Die Initialzündung für diesen Aufschwung ging insbe
sondere von der Auslandsnachfrage aus. Die USA wie
sen 1994 ein Wachstum in Höhe von 4 Prozent auf.
Dies führte zu entsprechenden Impulsen für den Welt
handel. So profitierte auch der deutsche Außenhandel
von den Expansionsraten der Handelspartner. Insge
samt lagen die Ausfuhren von Waren und Dienstlei
stungen 1994 real um 6,8 Prozent über dem entspre
chenden Vorjahreswert. Aber auch die Einfuhren von
Waren und Dienstleistungen haben sich mit 6,2 Pro
zent deutlich erholt.
Bei der Binnennachfrage war vor allem der Anstieg der
Bauinvestitionen um real 7,4 Prozent sehr erfreulich.
Ausschlaggebend hierfür waren die Investitionen in den
Wohnungsbau mit einem Plus von 12,6 Prozent.
Noch immer leicht im Minus lagen dagegen die Aus
rüstungsinvestitionen (7.0,6 Prozent). 1993 waren sie
jedoch sogar um fast 14 Prozent eingebrochen.
Der Private Verbrauch, auf den noch immer über die
Hälfte des Bruttoinlandsproduktes entfällt und der so
mit eine bedeutende Rolle für das konjunkturelle
Wachstum spielt, nahm 1994 mit 1,3 Prozent nur un
terdurchschnittlich zu, wies aber immerhin gegenüber
der Vorjahresrate von 0,5 Prozent eine Beschleunigung
auf. Selbst diese Zunahme war aber nur zu Lasten der
Sparquote möglich. Die privaten Haushalte sparten nur
noch 236 Milliarden DM oder 2 900 DM je Einwoh
ner und damit etwa 8 Prozent weniger als 1993. Die
Sparquote als Anteil der Ersparnis am verfügbaren
Einkommen der privaten Haushalte hat sich demzu
folge von 12,3 Prozent in 1993 auf 11,0 Prozent in
1994 vermindert.
1994 waren die Erwerbs- und Vermögenseinkommen
um 3,9 Prozent höher als 1993, wobei die Einkom
men aus unselbständiger Arbeit nur um 2,2 Prozent,
die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermö
gen aber um 9,1 Prozent zulegten. Die Abzüge vom
Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit nahmen
hingegen mit 4,9 Prozent überproportional zu, so daß
die Nettolohn- und -gehaltssumme sogar um 0,2 Pro
zent abnahm. Real mußten die Arbeitnehmer damit
deutliche Einbußen verkraften.
Mit 1,2 Prozent nahm 1994 auch der Staatsverbrauch
nur unterdurchschnittlich zu.
Die bessere konjunkturelle Lage hat sich jedoch noch
kaum auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt. So waren im
Jahr 1994 in Deutschland 35,0 Millionen Personen
erwerbstätig. Das waren 308 000 Personen oder 0,9
Prozent weniger als 1993. Der Rückgang der Erwerbs
tätigkeit betraf jedoch in diesem Jahr nur das ehemali
ge Bundesgebiet; in den neuen Ländern waren erstmals
seit der Wiedervereinigung 50 000 Personen mehr er
werbstätig als im Vorjahr. Gleichzeitig hat sich die Lei
stung je Erwerbstätigem auf 51,5 Prozent der durch
schnittlichen westdeutschen Leistungskraft erhöht
(nach 49,5 und 42,5 Prozent in den Jahren 1993 und
1992).
Die Zahl der registrierten Erwerbslosen erhöhte sich
gegenüber 1993 um 278 000 Personen auf 3,7 Millio
nen und die Arbeitslosenquote von 8,8 Prozent auf 9,6
Prozent. In Ostdeutschland lag sie mit 14,6 noch
immer deutlich über dem Westniveau (8,3 Prozent).
Einmal mehr stand die öffentliche Verschuldung 1994
im Mittelpunkt des Interesses. Im Gegensatz zu den
pessimistischen Prognosen zum Jahresanfang hat sich
1994 das Defizit um 14,8 Milliarden DM gegenüber
1993 zurückgebildet und erreichte damit “nur” 2,7
Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Beim Bund ver
minderte sich das Finanzierungsdefizit immerhin um
24,8 Milliarden DM, während infolge der Übertragung
von zusätzlichen Leistungen das Defizit bei den Län
dern um 6,1 Milliarden DM und bei den Gemeinden
um etwa eine halbe Milliarde DM wuchs. Der vorjäh
rige Finanzierungsüberschuß der Sozialversicherung
verkleinerte sich um 3,4 Milliarden DM.
Erfreuliches ist von der Preisentwicklung zu vermel
den. Zwar lag das jahresdurchschnittliche Plus mit drei
Prozent nach 4,2 Prozentim früheren Bundesgebiet
und 3,4 Prozent in den neuen Ländern noch immer
auf einem für die Bundesbank nicht tolerierbaren Ni
veau, positiv ist aber zu vermerken, daß sich die mo
natlichen Raten kontinuierlich bis auf 2,7 Prozent im
Dezember zurückgebildet haben.
Im Jahres verlauf wies auch die Geldmengenentwick
lung M3 eine stark rückläufige Tendenz auf. Während
im ersten Quartal der Zielkorridor von 4-6 Prozent
noch um das Dreifache überschritten wurde, gelang es
der Bundesbank im letzten Quartal, die Geldmenge
wieder in den Zielkorridor zu schleusen.