Bericht
des Vorstandes
Gesamtwirtschaftlicher Überblick
Auch im dritten Jahr der deutschen Einheit kann
kaum von einer gesamtdeutschen Wirtschafts
entwicklung gesprochen werden. Hinter den Zah
len für die Bundesrepublik stehen häufig konträre
Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland.
Nach den vorläufigen Berechnungen des Statisti
schen Bundesamtes nahm 1993 das Brutto
inlandsprodukt in Deutschland gegenüber dem
Vorjahr um 1,2% ab. Im früheren Bundesgebiet
war hierbei ein Rückgang um 1,9% zu verzeich
nen, in den neuen Ländern und Berlin Ost
dagegen eine Zunahme um 7,1 Somit befan
den sich die alten Bundesländer in einer aus
gesprochenen Rezessionsphase. Das Minus von
1,9% war der stärkste Rückgang, der je vom
Statistischen Bundesamt ausgewiesen wurde.
Unter den OECD-Ländern dürften nach den zur
Zeit vorliegenden Schätzungen nur Schweden
und Finnland noch schwächer abgeschlossen
haben. Positiv bleibt nur festzustellen, daß sich die
Minusraten von Quartal zu Quartal abgeschwächt
haben. So gingen diese von 3,9% im ersten
Quartal über 1,9% und 1,4% auf zuletzt 0,7%
zurück.
Ausschlaggebend für die negative wirtschaftliche
Entwicklung war der Rückgang bei den Anlagein
vestitionen um 6,8 gegenüber dem Vorjahres
wert, wobei die Ausrüstungsinvestitionen sogar
um 14,7% eingebrochen sind. Gleichzeitig
haben die Ausfuhren Westdeutschlands um
7,3% abgenommen. Der Staatsverbrauch ver
minderte sich mit 1,3% jedoch nur unterdurch
schnittlich. Der konjunkturelle Rückgang wäre
sogar noch stärker ausgefallen, wenn nicht der
Private Verbrauch, der etwa die Hälfte des Brutto
inlandsproduktes ausmacht, mit minus 0,2%
nur eine minimale Abschwächung aufwiese.
Diese vergleichsweise positive Tendenz ist er
staunlich, da die Mehrwertsteuererhöhung, ins
besondere bei langlebigen Konsumgütern, zu
Vorkäufen im vierten Quartal 1992 und entspre
chender Nachfrageschwäche im ersten Quartal
1993 geführt hatte. Angesichts des Reallohn
rückganges konnte das konjunkturstabilisierende
Konsumniveau nur zu Lasten der Sparquote auf
recht erhalten werden. So hat sich die Sparquote
in der Definition des Statistischen Bundesamtes
von 12,8% im Jahr 1992 auf 11,9% zurückge
bildet.
Im Gegensatz zu den alten Bundesländern war in
Ostdeutschland eine Entwicklung zum Besseren
feststellbar, jedoch war man vom erhofften
selbsttragenden Aufschwung noch weit entfernt.
Stark zugenommen haben hier die Anlageinvesti
tionen um 15,0 und die Bauinvestitionen sogar
um 20,6%. Der Private Verbrauch stieg in diesem
Jahr mit 1,2 nur unwesentlich stärker als im
Westen an.
Die negative konjunkturelle Entwicklung im
Gesamtgebiet der Bundesrepublik hinterließ auch
Spuren am Arbeitsmarkt. 1993 waren in Deutsch
land rund 719000 Personen oder 2% weniger
erwerbstätig als im Jahresdurchschnitt 1992. Die
Arbeitslosenquote stieg damit auf 8,9%. Im
früheren Bundesgebiet waren 7,3 der Erwerbs
personen arbeitslos. In den neuen Ländern und
Berlin Ost verminderte sich die Quote gering
fügig, war aber mit 15,1% noch immer er
schreckend hoch.
Der Preisindex der Lebenshaltung aller privaten
Haushalte ist im Berichtsjahr so stark wie seit 1982
nicht mehr angestiegen. Im Jahresdurchschnitt
ergab sich gegenüber 1992 ein Anstieg um
4,2%. Trotz der Erhöhung des Mehrwertsteuer
satzes zum Jahresbeginn hat sich jedoch gegen
über der vorjährigen Preissteigerung in Höhe von
4,0% nur eine leichte Beschleunigung erge
ben.
Da auch die Leistungsbilanz im letzten Jahr mit
DM 36 Mrd. negativ war, läßt sich feststellen, daß
diesmal keines der vier wirtschaftspolitischen Ziele
des magischen Vierecks erreicht wurde. Weder
das Ziel der Preisstabilität noch die Ziele Vollbe
schäftigung und außenwirtschaftliches Gleichge
wicht bei konjunkturellem Wachstum konnten
annähernd erfüllt werden.
Dem 1993 in der Öffentlichkeit erhobenen Vor
wurf, mitverantwortlich für den wirtschaftlichen