Bericht
des Vorstandes
Gesamtwirtschaftlicher Überblick
Die wirtschaftliche Entwicklung war auch 1992
von den Folgen der Wiedervereinigung geprägt
und verlief in beiden Teilen Deutschlands sehr
unterschiedlich. In Westdeutschland hat sich die
Expansion - nach der Sonderentwicklung 1991
aufgrund des Nachfragesogs aus den neuen
Bundesländern - deutlich abgeschwächt. Vor
allem in der zweiten Jahreshälfte war die Entwick
lung rückläufig. Gleichzeitig haben sich die
Lageeinschätzung und die Absatzerwartung der
westdeutschen Unternehmen deutlich einge
trübt.
Nach den vorläufigen Berechnungen des Statisti
schen Bundesamtes ist 1992 das Brutto
inlandsprodukt real nur noch um 2,0% gestie
gen. Hierbei war das Wirtschaftswachstum mit
1,5% in der früheren Bundesrepublik schwächer
als im Gebiet der ehemaligen DDR mit 6,8%.
Allerdings muß berücksichtigt werden, daß das
Ausgangsniveau in den neuen Bundesländern
außerordentlich niedrig war.
Bemerkenswert ist noch, daß das nominale
Bruttoinlandsprodukt mit 3003 Mrd. DM erst
mals die markante Grenze von 3 Billionen DM
überschritten hat. 2 772 Mrd. DM wurden hiervon
in den alten und 231 Mrd. DM oder 8% in den
neuen Bundesländern erwirtschaftet. Untersucht
man die einzelnen Komponenten des Brutto
inlandsproduktes, so trugen der Staatsverbrauch
mit plus 3 und die Anlageinvestitionen mit plus
4,4% am stärksten zum Wachstum bei. Auffal
lend war die Zunahme der Bauinvestitionen um
nicht weniger als 8,6%.
Vom Ausland gingen retardierende Einflüsse aus.
Die Exporte lagen mit 671 Mrd. DM nur noch um
0,7% über Vorjahr, während die Importe um
0,9% auf 638 Mrd. DM zurückgingen. Der
Außenhandelsbilanzüberschuß stieg somit auf
knapp 33 Mrd. DM, der Passivsaldo der Leistungs
bilanz erhöhte sich auf 39 Mrd. DM gegenüber
33 Mrd. DM im Vorjahr.
Der noch immer erhebliche wirtschaftliche Unter
schied zwischen altem und neuem Bundesgebiet
zeigt sich auch an den Durchschnittsverdiensten.
Diese erreichten in den östlichen Bundesländern
mit monatlich brutto 2450 DM bei Löhnen und
Gehältern nur etwa 63 der westlichen Entgelte
von durchschnittlich 3910 DM. Somit stiegen die
Einkommen aus unselbständiger Arbeit im
Berichtsjahr in Westdeutschland um 6% und in
Ostdeutschland um 16,9%. Demgegenüber nah
men im früheren Bundesgebiet die Einkommen
aus Unternehmertätigkeit und Vermögen nur
noch marginal um 0,7% auf 215 Mrd. DM zu. Für
das Gebiet der neuen Länder errechnete das
statistische Bundesamt ein Bruttoeinkommen von
rd. 23 Mrd. DM. Damit dürften noch nicht einmal
die Abschreibungen erwirtschaftet worden sein.
Insgesamt gesehen haben die Ostunternehmen
1992 mit Verlust abgeschlossen.
Trotz eines Anstieges der Zahl der Erwerbstätigen
im Westen erhöhte sich hier die Zahl der registrier
ten Arbeitslosen um gut 100000 auf 1,8 Millio
nen. Im Osten stieg die Zahl der Beschäftigungs
suchenden nach den kräftigen Zunahmen in den
Vorjahren nochmals um gut eine viertel Million an
und erreichte 1,2 Millionen. Gegen Jahresende
hat sich auch die Zahl der Kurzarbeiter deutlich
erhöht.
Der Preisauftrieb, der sich bereits 1991 beschleu
nigt hatte, verstärkte sich 1992 nochmals und
erreichte im Jahresdurchschnitt im alten Bundes
gebiet die 4-Prozent-Marke. Vor allem der
Anstieg der Wohnungsmieten sowie die Verteue
rung bei den Dienstleistungen führten dazu, daß
die Preissteigerungsrate auf das höchste Niveau
seit 1982 gestiegen ist.
Angesichts des Preisklimas und des Geld
mengenwachstums hielt die Bundesbank im
Berichtsjahr unverändert an ihrem straffen geld
politischen Kurs fest. Die im Rahmen des EWS
notwendigen Interventionen an den Devisen
märkten führten im Herbst zu einer zusätzlichen
Aufblähung der inländischen Geldmenge. Das
von der Bundesbank ursprünglich anvisierte Geld
mengenwachstum M3 für 1992 von 3,5% bis
5,5 wurde erheblich überschritten. Im Oktober
erreichte die Wachstumsrate sogar die 10-
Prozent-Marke.