Im Gegensatz dazu ließ die zunehmend expan
sive Inlandsnachfrage nach der Wiedervereini-
kung die Importe kräftig um 10% auf 556,6
Mrd. DM anwachsen.
Der Außenhandelsüberschuß verminderte sich
von 134,6 Mrd. DM in 1989 auf 105,3 Mrd.
DM (für das geeinte Deutschland). Die Lei
stungsbilanz schloß bei leicht positiver Dienst-
leistungs- und traditionell hochdefizitärer Über
tragungsbilanz mit einem Aktivsaldo von nur
noch 71,9 Mrd. DM (1989: 104,1 Mrd. DM).
Die Anzahl der Erwerbstätigen nahm im Jah
resdurchschnitt um 775000 Personen oder
2,8% auf 28,4 Millionen zu, und damit so
kräftig wie zuletzt in den fünfziger Jahren.
Erstmals seit 1982 blieb die Arbeitslosenzahl
mit durchschnittlich 1,88 Millionen wieder
unter der Zwei-Millionen-Marke. Die Arbeits
losenquote (auf der Basis der abhängigen
Erwerbspersonen) belief sich im Jahresdurch
schnitt auf 7,2% nach 7,9% im Vorjahr.
Mit der Vereinigung Deutschlands kamen auf
die öffentlichen Haushalte erhebliche Anforde
rungen zu. Die Nettokreditaufnahme aller
Gebietskörperschaften erreichte in etwa
70 Mrd. DM. Davon entfielen auf den Bund
46,7 Mrd. DM, der damit seine Neuverschul
dung gegenüber dem Vorjahr verdreifachte.
Daß das gesamtstaatliche Defizit nicht noch
höher ausfiel, ist auf überplanmäßige Steuer-
und Verwaltungseinnahmen sowie vor allem
auf Minderausgaben in Ostdeutschland zurück
zuführen, nachdem für die neuen Bundeslän
der bereitgestellte Milliarden bis Ende 1990
nur teilweise abgerufen worden sind.
Die Deutsche Bundesbank setzte 1990 den
restriktiven Kurs ihrer Geldpolitik fort. Durch
flexiblen Einsatz des offenmarktpolitischen
Instrumentariums hielt sie die Liquiditätsaus
stattung der Wirtschaft relativ knapp, ohne
die monetären Voraussetzungen für ein kräf
tiges Wirtschaftswachstum zu gefährden.
Das Börsenjahr 1990 präsentierte sich den
Anlegern als ein Jahr voller Wechselbäder. Der
Aktienmarkt wurde von heftigen Kursschwan
kungen geschüttelt. Anfangs brachten die
deutsche Wiedervereinigung und die Öffnung
Osteuropas völlig neue Wachstumsperspektiven
und beflügelten damit auf Monate die Kurse.
Spätestens mit dem Ausbruch der Golfkrise
schlug jedoch das bis dahin beinahe euphori
sche Börsenklima schlagartig um. Trotz ausge
zeichneter Unternehmenskonjunktur führten
steigende Ölpreise, aufkeimende Inflations
und Rezessionsängste, Haushaltsprobleme in
den USA sowie die Kosten der deutschen Ein
heit im Spätsommer zu einem steilen Kursrück
gang. Auch in den folgenden Monaten verhin
derten steigende Zinsen und wachsende poli
tische Unsicherheiten alle Erholungsansätze.
Insgesamt erlitt die Aktienbörse binnen Jahres
frist - gemessen am Deutschen Aktienindex
(DAX) - einen Kursrückschlag von 23%.
Der Rentenmarkt stand 1990 ganz im Zeichen
steigender Zinsen. Befürchtungen, die geplante
Wirtschafts- und Währungsunion mit der
damaligen DDR werde zu einer massiven
öffentlichen Verschuldung sowie einer Über-
strapazierung des Kapitalmarktes und damit
zu unübersehbaren Folgen für die Stabilität
der D-Mark führen, ließen die Zinsen abrupt
in die Höhe schnellen. Die Umlaufrendite
öffentlicher Anleihen, die sich zu Jahresbeginn
auf 7,6% belief, erhöhte sich im Februar inner
halb von 2 Wochen von 8,1 auf 9,2% und
pendelte von da an bis Jahresende mit zeitwei
ligen Ausschlägen um die Neun-Prozent-Marke.