Bericht des Vorstandes Gesamtwirtschaftlicher Überblick Am 3. Oktober 1990 hat Deutschland nach vierzigjähriger Teilung seine staatliche Einheit wiedererlangt. Es wird jedoch noch geraume Zeit dauern, bis die Anpassung der Wirtschaft der ehemaligen DDR an westliche Standards vollzogen sein wird. Für 1990 war es daher zu früh, die weit auseinanderdriftende Kon junktur in West- und Ostdeutschland sinnvoll zusammenzufassen. Wir beschränken uns des halb im folgenden vornehmlich auf die Ent wicklung der alten Bundesländer. Die westdeutsche Wirtschaft erzielte im Berichtsjahr ihr stärkstes Wachstum seit 1976. Das Bruttosozialprodukt stieg real um 4,6% und übertraf damit das des bereits sehr gut florierenden Vorjahres noch einmal um 0,7 Prozentpunkte. Die weit über dem Weltdurch schnitt liegende wirtschaftliche Expansion ver dankt die alte Bundesrepublik hauptsächlich der Wiedervereinigung Deutschlands, die der Binnennachfrage kräftige Impulse gab und diese zur bestimmenden Antriebskraft für den dynamischen Konjunkturaufschwung werden ließ. Hauptwachstumsträger waren die Unterneh mensinvestitionen und der private Verbrauch. So nahmen die Anlageinvestitionen real um 8,5% zu. Ihr Anteil am Bruttosozialprodukt erreichte mit 22,0 den höchsten Stand seit 10 Jahren. Am stärksten expandierten die Aus rüstungsinvestitionen mit einem Plus von real 12,9%. Die Ursachen für diese lebhafte Inve stitionstätigkeit lagen vor allem in der optimi stischen Einschätzung der weiteren Absatzmög lichkeiten auf dem innerdeutschen Markt für absehbare Zeit. Die rege Nachfrage aus den neuen Bundesländern ließ die ohnehin schon hohe Kapazitätsauslastung der Produktionsan lagen nochmals ansteigen und veranlaßte viele Unternehmen zu Erweiterungs- und Moderni sierungsmaßnahmen. Begünstigt durch die gute Ertragslage konnte dabei ein Großteil der Investitionen ohne Rückgriff auf teure Kredite finanziert werden. Der private Verbrauch bildete eine weitere tragende Stütze der Konjunktur. Gegenüber dem Vorjahr wies er einen Zuwachs von real 4,4% auf (1989: 1,7%) und hat damit die Erwartungen deutlich übertroffen. Zu dieser Konsumausweitung haben insbesondere der beträchtliche Beschäftigungszuwachs, kräftige Lohnanhebungen, eine spürbare Steuerent lastung und erhebliche öffentliche Einkom mensübertragungen beigetragen. Aber auch die starke Zuwanderung und die Öffnung der Grenze zu Ostdeutschland führten zu einem schubartigen Anschwellen der Verbraucher nachfrage. Dennoch wurde von dem verfügbaren Einkom men, das im Berichtszeitraum um 7,8 zunahm, wiederum ein beträchtlicher Teil gespart. Von den Anlegern wurden Termin einlagen und Sparbriefe mit attraktiver Verzin sung sowie hochrentierliche Wertpapiere prä- feriert, während das traditionelle Kontensparen in der Beliebtheitsskala zurückfiel. Die Spar quote übertraf mit 14,3% die des Vorjahres um annähernd einen Prozentpunkt. Der Preisanstieg verlief 1990 insgesamt mode rater, als angesichts der zeitweiligen Ölverteue rung im Zuge der Golfkrise und des heftigen Nachfragesogs aus dem Osten zu erwarten war. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte übertrafen ihr Vorjahresniveau um 1,7%. Die privaten Haushalte mußten für die Lebenshal tung im Schnitt 2,7 mehr als im Vorjahr ausgeben (1989: 2,8%). Der Außenhandel hat im Laufe des letzten Jahres seine Rolle als Wachstumsträger einge büßt. Die Konjunkturabschwächung in wichti gen Abnehmerländern sowie die Aufwertung der D-Mark, die zu einer beträchtlichen Ver teuerung deutscher Waren führte und damit die Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Exportindustrie schmälerte, ließen die Ausfuh ren spürbar zurückgehen. Allein durch Einbe ziehung der Exporte der ehemaligen DDR (ab Juli 1990) kam ein bescheidenes Plus von 3% auf 661,9 Mrd. DM zustande. 4

Rabobank Bronnenarchief

Geschäftsberichte Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt / ADCA Bank | 1990 | | pagina 6