Vom Export, dem Motor der konjunkturellen
Entwicklung der vergangenen Jahre, gingen
1986 keine Wachstumsimpulse für die deut
sche Wirtschaft mehr aus. Die Gründe hier
für waren die Abflachung der Weltkonjunktur
und damit der Rückgang der Auslandsnach
frage auch nach deutschen Gütern sowie vor
allem die Höherbewertung der D-Mark, die
sich binnen Jahresfrist gegenüber dem US-
Dollar auf 26% und gegenüber den Währun
gen der 14 wichtigsten Industriestaaten auf
rd. 9% belief. Zwar konnte die Bundes
republik im vergangenen Jahr mit 112,2 Mrd.
DM ihren höchsten Außenhandelsüberschuß
erzielen. Das Vorjahresergebnis von 73,4
Mrd. DM wurde noch einmal um gut 50%
übertroffen. Dieser beispiellose Aktivsaldo
resultiert allerdings nicht aus einer entspre
chenden Ausweitung des Exports der deut
schen Industrie. Dieser verminderte sich
dem Werte nach um 2% auf 526,4 Mrd. DM.
Das Rekordergebnis ist vielmehr darauf zu
rückzuführen, daß die Importe gegenüber
dem Vorjahr noch wesentlich stärker zurück
fielen, nämlich um 11 auf 414,2 Mrd. DM.
Berücksichtigt man, daß im Laufe des Jahres
die Einfuhrpreise um 16% und die Ausfuhr
preise um 3,5% gefallen sind, dann lagen
mengenmäßig die Einfuhren um knapp 6%
und die Ausfuhren um bescheidene 1,5%
über denen des Vorjahres. Während die aus
ländischen Anbieter auf den deutschen
Märkten preisbedingt gute Absatzerfolge er
zielen konnten, mußte die deutsche Export
wirtschaft aus den gleichen Gründen welt
weit teilweise empfindliche Markteinbußen
hinnehmen.
Dank des enormen Außenhandelsüberschus
ses schließt die Leistungsbilanz der Bundes
republik 1986 mit einem positiven Saldo von
knapp 78 Mrd. DM (gegenüber 39 Mrd. DM
in 1985), und dies bei einer deutlich ver
schlechterten Dienstleistungsbilanz und ei
ner zwar leicht verbesserten, aber insgesamt
immer noch hochdefizitären Übertragungs
bilanz.
Die Finanzentwicklung der öffentlichen
Haushalte war auch 1986 von dem Bemühen
gekennzeichnet, die Konsolidierung weiter
voranzutreiben. Die ursprüngliche Erwar
tung, die Einnahmeausfälle im Zuge der er
sten Stufe der Steuerreform ohne einen An
stieg des Defizits bewältigen zu können, hat
sich allerdings nicht erfüllt. Steuerminderein
nahmen waren hierfür ebenso verantwortlich
wie die Ausgaben der Gebietskörperschaf
ten, die wesentlich stärker gestiegen sind,
als die Empfehlungen des Finanzplanungs
rates vorsahen. Dabei zeigte der Bund im
Verhältnis zu den Ländern und vor allem
den Gemeinden noch die größte Ausgaben
disziplin.
Die Nettoneuverschuldung der Gebietskör
perschaften betrug im vergangenen Jahr ins
gesamt etwa 44 Mrd. DM. Der Bund hatte
ein Defizit von rd. 24 Mrd. DM zu verbuchen;
bei den Ländern machte die Deckungslücke
rd. 18 Mrd. DM, bei den Gemeinden rd.
2 Mrd. DM aus.
Moderates Wirtschaftswachstum und rück
läufige Preisentwicklung erleichterten der
Deutschen Bundesbank im Berichtsjahr bin
nenwirtschaftlich die Erfüllung ihrer stabili
tätspolitischen Aufgabe. Dafür stand sie
außenwirtschaftlich unter starkem Druck. Die
von der amerikanischen Notenbank geforder
te Unterstützung ihrer zur Konjunkturbele
bung in den USA eingeleiteten Zinssen
kungspolitik und der in diesem Ausmaß nicht
erwartete Kursverfall des US-Dollars stellten
sie vor die Entscheidung, entweder die eige
nen Leitzinssätze zur Wahrung eines ange
messenen Zinsgefälles jeweils rechtzeitig an
zupassen oder aber eine weitere Aufwertung
der D-Mark hinzunehmen sowie eine dauern
de Überschreitung ihres Geldmengenziels zu
dulden. Angesichts der relativ anfälligen
Konjunkturentwicklung im Inland und der ge
ringen Inflationsgefahren entschied sie sich
trotz der Anfang März vorgenommenen Sen
kung des Diskontsatzes von 4% auf 3,5%
dann doch für die letztere Alternative. Nach
verstärkten Kapitalabflüssen im Gefolge der
Aufwertung der D-Mark gegenüber den an
deren EWS-Valuten Anfang April setzten die
in mehreren Raten vorgenommene Aus
schüttung des Bundesbankgewinnes und die
am 1Mai in Kraft getretenen neuen Min
destreservebestimmungen rund 20 Mrd. DM
an Liquidität frei, die auch durch die im Ge
genzug erfolgte Kürzung der Rediskont-Kon
tingente der Banken um 5 Mrd. DM nur zum
kleineren Teil neutralisiert wurde. Beschleu
nigt wurde das hierdurch bedingte Wachs
tum der Zentralbankgeldmenge durch die ab
Jahresmitte neuerlich verstärkten Devisenzu
flüsse. Die Deutsche Bundesbank versuchte
zwar, der Liquiditätsausweitung dadurch ent
gegenzuwirken, daß sie vor allem die kurz
laufenden Wertpapierpensionsgeschäfte mit
den Kreditinstituten zunehmend zurück
schraubte. Die Aufblähung der Geldmenge
mit den damit möglicherweise verbundenen
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