Gesamtwirtschaftlicher
Überblick
Der weltwirtschaftliche Konjunkturauf
schwung, der um die Jahreswende 1982/83
einsetzte, hat 1986 zwar nicht an Dynamik,
aber an Stetigkeit gewonnen. Die durch
schnittliche Wachstumsrate des realen Brut
tosozialprodukts von 2,5% der in der Organi
sation für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (OECD) zusammenge
schlossenen Mitgliedsländer reichte aller
dings nicht aus, um die seit Jahren beste
henden Probleme zu mindern oder gar zu
beseitigen. So hat die Arbeitslosigkeit global
eher zugenommen. Allein in den westlichen
Industrieländern sind immer noch mehr als
30 Millionen Menschen ohne Beschäftigung.
Auch gelang es nicht, die Spannungen im
Welthandelsgefüge entscheidend abzubau
en. Trotz einer Expansion des Welthandels
um real ca. 3,5% und einer Korrektur des
US-Dollar-Kurses blieben die Leistungs
bilanz-Ungleichgewichte bestehen. Von der
Bewältigung der internationalen Schulden
krise ist die Welt eher weiter entfernt als vor
einem Jahr. Nur die Industrieländer konnten
aus den weltweit niedrigeren Zinsen und
dem Verfall der Energie- und Rohstoffpreise
Nutzen ziehen. Für die Schwellen- und Ent
wicklungsländer war diese Entwicklung per
Saldo meist von Nachteil. Das Schreck
gespenst protektionistischer Handelsrestrik
tionen ist bislang nicht gebannt.
Fortschritte auf breiter Front konnten ledig
lich bei der Stabilisierung des Preisniveaus
erzielt werden. Im Durchschnitt der OECD-
Länder ging der Anstieg der Verbraucher
preise 1986 von 4,5% auf nur noch 2,8%
zurück.
Auch in der Bundesrepublik hat sich die kon
junkturelle Belebung insgesamt fortgesetzt.
Der reale Anstieg des Bruttosozialprodukts
entsprach mit 2,4% in etwa dem der beiden
Vorjahre. Bestimmend für das moderate und
weitgehend spannungsfreie Wachstum war
die Inlandsnachfrage. Ihr ist es zuzurechnen,
daß die dämpfenden Einflüsse, die von der
erlahmenden Außenwirtschaft ausgingen,
neutralisiert werden konnten.
Die stärksten Wachstumsimpulse gingen im
Berichtsjahr vom privaten Verbrauch aus. Mit
einer realen Zunahme von rund 4% wies er
die höchste Steigerung seit 1978 aus. Wach
sende Beschäftigung, erste Steuerentlastun
gen zum Jahresbeginn und durch keinerlei
Inflation geschmälerte Lohnerhöhungen führ
ten zu einem beachtlichen Anstieg der frei
verfügbaren Einkommen der privaten Haus
halte, was sich wiederum in einer erhöhten
Kaufbereitschaft breiter Bevölkerungsschich
ten niederschlug. Gefragt waren vor allem
längerlebige Gebrauchsartikel. Aber auch
dem Vorsorgegedanken haben viele Konsu
menten großes Gewicht beigemessen, wie
die gestiegene Sparquote zeigt. Bevorzugt
wurde dabei eine stets verfügbare Zugriffs
reserve auf den Sparkonten mit gesetzlicher
Kündigungsfrist. Erst an zweiter Stelle ran
gierten das zinsattraktive längerfristige Ver
tragssparen im Rahmen von Sondersparpro
grammen der Banken sowie das Versiche
rungssparen. Offensichtlich trauten viele
Sparer noch nicht so ganz der Nachhaltigkeit
des dank fallender Preise unerwartet hohen
Kaufkraftzuwachses.
Im Unternehmensbereich gingen von der re
gen Verbrauchernachfrage, aber auch von
dem wechselkursbedingten Rückgang der
Energie- und Rohstoffpreise insgesamt
- wenn auch branchenmäßig differenziert -
nochmals kräftige Investitionsanreize aus.
Neben der Ersatzbeschaffung, der Rationali
sierung und der Modernisierung dienten In
vestitionsaufwendungen bei unverändert ho
her Kapazitätsauslastung in zunehmendem
Maße der Erweiterung der Produktionsan
lagen. Hiervon profitierten die Hersteller von
Ausrüstungsgütern ebenso wie die Bauwirt
schaft.
Die hohe Wachstumsquote des Vorjahres
konnten die Ausrüstungsinvestitionen über
das Jahr hinweg jedoch nicht mehr erzielen,
nachdem der bis in den Sommer reichende
schwungvolle Anstieg im weiteren Jahresver
lauf zunehmend an Tempo verlor. Die Aus
lieferung von Investitionsgütern war zwar
auch in der zweiten Jahreshälfte dank vor
handener Auftragspolster noch relativ hoch.
Verminderte Absatzchancen auf den Aus-
17