falsch spezifiziert, zur Unzeit eingeführt oder
am Bedarf vorbei konzipiert worden sind.
Aber man hüte sich vor vorschnellen Urteilen:
Ob ein neuer Finanzterminmarkt erfolgreich
ist, läßt sich meist erst nach einer Anlaufzeit
von fünf Jahren feststellen. Skepsis ist aus ei
nem ganz anderen Grunde angebracht. Die
Bundesrepublik ist nämlich für diese Art von
Geschäften der denkbar ungünstigste Ort.
Dem Differenzein wand des BGB und der
dazu entwickelten Rechtsprechung ist es an
zulasten, daß der Finanzplatz Deutschland
auf keinem anderen Gebiet so rückständig ist
wie im Finanzterminhandel. Im gegebenen
Rechtsrahmen wird sich der Rentenoptions
handel schwer entfalten können, zumal den
meisten Institutionen der Zutritt verwehrt ist.
Immerhin bietet der Kauf einer Verkaufsoption
den Privatanlegern nunmehr eine der wenigen
Möglichkeiten, direkten Nutzen aus steigen
den Zinsen zu ziehen; diese Phase war bis
lang immer als Anlagenotstand gefürchtet.
Ist der Finanzplatz Deutschland unattraktiv?
An welchen Kriterien mißt man überhaupt
Attraktivität“? Äußerungen ausländischer
Teilnehmer sind vielleicht gerade deshalb so
bemerkenswert, weil sie so selbstverständlich
klingen. Der Kapitalverkehr muß frei sein und
frei bleiben, denn wer in einen fremden Markt
eintritt, überlegt sich schon vorher, wie er
später wieder herauskommt. Die innen-, wirt-
schafts- und währungspolitischen Verhältnis
se des Anlagelandes müssen stabil sein. Die
Rechtspflege spielt eine Rolle, denn als Aus
länder erwartet man am fremden Platz jenen
Rechtsschutz, den man im eigenen Land ge
wöhnt ist. Die Aufsicht über Banken und Bör
sen gehört ebenfalls hierher. Von den Banken
am Platz wird eine breite Palette von Dienst
leistungen erwartet, die internationalem Stan
dard entsprechen. Institutionelle Investoren
achten auf eine gewisse Breite des Marktes,
in dem sich auch Milliarden-Anlagen darstel
len lassen, ohne Marktverwerfungen hervor
zurufen. (Der deutsche Rentenmarkt ist der
drittgrößte der Welt, der Devisenhandel ver
mutlich ebenfalls, der Aktienmarkt bringt es
je nach Zählweise auf Platz 4 oder 5 in
der Weltrangliste.) Private Anleger legen Wert
auf diskrete Geschäftsabwicklung. Und
schließlich spielen auch die Transaktionsko
sten und die steuerlichen Belastungen des
Handels eine Rolle. Wer alle Kriterien insge
samt betrachtet, wird nicht behaupten kön
nen, daß der Finanzplatz Bundesrepublik un
attraktiv sei. Die Ausländer haben im letzten
Jahr über ihn mit ihrem Kapital abgestimmt
und Traumnoten gegeben.
Es darf an dieser Stelle nicht verschwiegen
werden, daß die beschriebenen Tendenzen
für den privaten Anleger einige ernstzuneh
mende Schattenseiten haben. Denn die Re
naissance der Aktie hat weitgehend ohne die
Beteiligung des breiten deutschen Anlagepu
blikums stattgefunden. In der privaten Vermö
gensbildung spielt die Aktie nach wie vor nur
eine untergeordnete Rolle. Auch dies ist keine
deutsche Spezialität, sondern an den größten
Finanzplätzen der Welt genauso. Es ist ange
zeigt, eine der bedauerlichsten Tendenzen
näher zu beleuchten: die zunehmende Institu
tionalisierung der Kapitalmärkte. Denn die Ka
pitalsammelstellen ziehen überall immer mehr
Geschäft an sich. Gigantische Finanzkonglo
merate entstehen, die gelegentlich etwas ab
schätzig als Finanzsupermärkte“ bezeichnet
werden, seit sich eine amerikanische Waren
hauskette eine Broker-Tochter zugelegt hat
und nun „socks and stocks“ feilbietet. Im
englischsprachigen Teil der Finanzwelt ver
schwimmt die traditionelle Trennung von Ban
ken und Brokern, und in London bemüht man
einen Begriff aus der Astrophysik und spricht
vom „Urknall“, um das Revolutionäre solcher
Entwicklungen zu kennzeichnen. In der Bun
desrepublik besteht so gut wie kein Anpas
sungsbedarf! Es ist ja gerade charakteristisch
für die deutsche Universalbank, daß sie ihren
Kunden eine breite Palette von Finanz-Dienst
leistungen unter einem Dach anbietet. Einige
Ausläufer internationaler Bewegungen sind le
diglich dort spürbar, wo Banken ihre Produkte
mit Komponenten der Versicherung kombinie
ren oder wo es die Assekuranz ins Bankge
schäft zieht.
Tag für Tag schieben die professionellen Ma
nager Milliarden-Beträge über die Märkte der
Erde. Dem privaten Anleger, der es auf eige
ne Faust versucht, muß gesagt werden, ge
gen wen er antritt. Er reagiert zu spät, wenn
er keinen Zugriff auf die Nachrichtenagentu
ren hat, die jede Information in Sekunden
schnelle weltweit verbreiten. Er gerät aus
dem Konzept, wenn er die globalen Entwick
lungen nicht mehr überblickt: wenn etwa Ja
pan eine Restriktion für Auslandsanlagen
lockert, der US-Bondmarkt darüber in Eupho
rie gerät und der deutsche Rentenhandel
dann mit Zinssenkungen nachzieht. Der Klein
anleger ist überfordert, alle Innovationen zu
beurteilen. Hier geht es zu wie im Gewächs
haus: Ständig werden Neuzüchtungen prä
sentiert, und einige Hybriden sind wirklich
so kompliziert, daß den Emissionsprospekten
eigentlich noch Gebrauchsanleitungen beige
fügt werden müßten. Selbst wenn das Kon-