zum Trotz platzen die traditionellen Handels plätze aus allen Nähten. Die Internationalisierung der Emissionstätig keit, der Kapitalanlage und des Handels ist entstanden aus den Off-shore-Märkten, die ihre Existenz und ihre atemberaubende Ex pansion wiederum den zahllosen Eingriffen und Restriktionen von Aufsichts- und Wäh rungsbehörden verdanken. Massive Zu- oder Abflüsse von Auslandskapital, die seit dem Übergang vom System fester Wechselkurse zum Floating einen immer größeren Umfang haben, galten lange Zeit als unerwünscht. Noch Anfang der 70er Jahre hatte die Bun desbank vom Außenwirtschaftsgesetz Ge brauch gemacht und den Ausländern den An kauf deutscher Wertpapiere untersagt. Die Schweiz hatte zeitweilig Auslandseinlagen ei nem Verzinsungsverbot unterworfen und auch viele andere Staaten hatten Ausländern, aber auch ihren eigenen Bürgern die Anlage schwer gemacht. Derartige Einfälle gelten heute als absurd, der Dirigismus ist ana chronistisch geworden. Die Währungspolitik ist zu neuer Einsicht gelangt und fördert heu te die Internationalisierung nach Kräften. An beinahe allen Plätzen, die für den Kapitalan leger interessant sind, wird eine Politik der Deregulierung und Dekontrolle verfolgt. Bei dieser Gelegenheit fällt überhaupt erst die Un zahl der Reglementierungen ins Auge, die sich in zahllosen Gesetzen, Verordnungen und Erlassen verbergen. Die Liberalisierung wirkt ansteckend, Reziprozität heißt hier das geläufige Stichwort. Was den ausländischen Institutionen in einem Lande erlaubt ist, darf im anderen nicht verboten sein. Wo vordem Behinderung und Abschottung herrschten, hat nun ein Wettstreit um die Pal me des attraktivsten Finanzplatzes einge setzt. Den Anlegern, institutioneilen wie priva ten, werden ständig neue Investment-Mög lichkeiten eröffnet. Allerdings ist ins Kalkül zu ziehen, daß jede Dekontrolle auch einen Rückzug der Börsenaufsicht und eine Einbu ße an Anlegerschutz bedeuten kann. Nach bisheriger Erfahrung überwiegen die Vorteile aber bei weitem. Wir leben in einer Ära des Finanz-Liberalismus. Kaum jemand hat sich um die Liberalisierung des deutschen Finanzplatzes so verdient ge macht wie die Bundesbank. Im Mai letzten Jahres erlaubte sie den deutschen Töchtern der Auslandsbanken, DM-Auslandsanleihen an den Markt zu bringen, und sie hat uno actu grünes Licht für eine ganze Reihe von Innovationen gegeben. Viele dieser neuarti gen Finanzinstrumente, die man vordem nur im Ausland kannte, sind inzwischen auf D-Mark lautend in der Bundesrepublik ein geführt worden. Man tut gut daran, scharf zu unterscheiden zwischen jenen globalen Ten denzen, die hier ansatzweise skizziert wurden und die sich mit einer gewissen Zwangsläu figkeit fortsetzen werden, und einigen Mode erscheinungendie von derzeit, vom Tim ing, abhängen und sehr kurzlebig sein kön nen. Die Doppelwährungsanleihe etwa hat hierzulande überhaupt keinen Anklang gefun den, und selbst die gängigsten Innovationen sind noch hinter vielen Erwartungen zurück geblieben. Für die Null-Kupon-Anleihe war es wohl schon reichlich spät, für die Floater noch etwas zu früh. Man stelle sich vor, es hätte am Zinsgipfel im Herbst 1981 schon Zerobonds auf DM gegeben welch eine Performance! Welche Beruhigung, anderer seits zu wissen, daß es Floater gibt für den Fall, daß sich die Zinserwartungen nachhaltig verschlechtern. Wichtig an den Innovationen ist zunächst einmal nur ihre Existenz als sol che. Man behalte sie in guter Erinnerung und greife darauf zurück, wenn es an der Zeit ist. Im Moment sieht es jedenfalls so aus, als sei die traditionelle Festzinsanleihe beliebter als je zuvor. DieSpeisekarte“ des Kapitalanlegers ist 1985 reichhaltiger geworden, für jeden Ge schmack ist etwas dabei. Genußscheine ge hören zwar nicht zu den neuesten Kreationen, aber erst das Vierte Vermögensbildungsge setz und vor allem die KWG-Novelle haben ih nen im letzten Jahr zum Durchbruch verhol ten. Im Genußschein hatten Kritiker zunächst die schlechtere Alternative zur Aktie gesehen, inzwischen hat er sich als die bessere Varian te der Rentenanlage entpuppt. Und wer es gern scharf gewürzt liebt: Die heiße Spekula tion in Bond-Warrants zum Bezug von Dollar- Anleihen war am Euromarkt über zwölf Mona te lang die riskanteste, aber lukrativste Ak tion. Inzwischen gibt es solche Zins-Options scheine auch zum Bezug einer DM-Anleihe wohldefinierter Ausstattung. Am 1. April dieses Jahres haben die deut schen Börsen den Handel in Optionen auf 14 öffentliche Anleihen aus der Taufe gehoben. Die ersten Gehversuche waren noch überaus vorsichtig und es ist schon abzusehen, daß dieser ebenso wie die Aktienoptionen im Freiverkehr angesiedelte Markt noch einige Kinderkrankheiten überwinden muß. Wer die Geschichte des ausländischen Finanztermin handels studiert hat, weiß, wie viele Kontrakte 15

Rabobank Bronnenarchief

Geschäftsberichte Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt / ADCA Bank | 1985 | | pagina 17