Zu den wesentlichen Tendenzen zählt zwei fellos die Internationalisierung der Anlage. Über Jahrzehnte ist der deutsche Privatanle ger nach der Devise verfahren: Bleib’ im Land und nähr’ Dich redlich. Die Statistiken der Bundesbank weisen aus, daß er sich seit eini gen Jahren zunehmend für Fremdwährungs anlagen interessiert. Solange es um die be kannten Auslandsaktien ging, bewegte er sich auf vertrautem Boden: Die meisten wer den vor Ort gehandelt, der Kurszettel der Aus landsaktien ist inzwischen beeindruckend lang geworden. Dann waren Dollar-Zero bonds in Mode, als es noch keine Nullprozen- ter auf D-Mark gab. Einige Zeitgenossen lie ßen sich verleiten, Franken-Kredite in hoch verzinsliche Dollarbonds zu drehen. Zuletzt waren Hochprozenter in australischen oder neuseeländischen Dollars en vogue. Ob der deutsche Käufer mit seinen Engagements im mer so glücklich war, sei dahingestellt. Viele werden die Erfahrung gemacht haben, daß sie den Einfluß der Währung auf das Anlage ergebnis völlig unterschätzt haben. Die breitere internationale Perspektive der deutschen Kapitalanlage ist beileibe keine Einzelerscheinung. Überall auf der Welt denkt und disponiert man ähnlich. Briten, seit jeher gewohnt, im Weltmaßstab zu agieren, enga gieren sich in Fernost, Japaner kaufen US- Staatsanleihen, amerikanische Pensionsfonds deutsche Aktien, deutsche Investoren suchen Anlagen in Zürich, schweizerische Banken legen in London an und alles geschieht beinahe zur gleichen Zeit. Die nationalen Ka pitalmärkte wachsen zu einem riesigen Welt finanzmarkt zusammen, der kaum noch Gren zen kennt. Eine zwangsläufige Folge dieser Internationa lisierung der Anlage ist die Globalisierung des Handels. Rund um die Erde und rund um die Uhr zu handeln, ist an sich nichts Neues, wenn es um Devisen oder Gold geht. Aber hier haben wir es mit einem Interbanken han del zu tun. Läßt sich das Geschäft der Börsen überhaupt globalisieren, die ja ex definitione örtlich und zeitlich fixiert sind? Vor Jahren hatte eine der großen Terminbörsen in Chica go zur Debatte gestellt, den Markt rund um die Uhr im Drei-Schicht-Betrieb offen zu halten. Dieser Plan hatte keine Mehrheit gefunden. Statt dessen schloß man Partnerschaften mit Terminbörsen in den beiden anderen Haupt zeitzonen in Europa und Asien oder gründete dort neue Börsen, um die weltum spannende Kette zu schließen. Die Standardi sierung der Kontrakte und die Vereinheitli chung der Abrechnung ermöglichen es heute, Positionen an einem Platz zu eröffnen und an einem anderen wieder glattzustellen. Auch der Aktienhandel ist international ge worden, und die Entwicklungen und Überle gungen bewegen sich auf mehreren Gleisen. In der Bundesrepublik wurde der Vorschlag gemacht, eine.Abendbörse“ einzurichten, um eine zeitliche Überlappung zum Handels beginn an der Wall Street herzustellen. Zwar werden um diese Zeit auch in Deutschland noch Aktien gehandelt aber nur außerbörs lich unter Banken. Zu einer offiziellen Nach oder Spätbörse hätten auch Privatanleger Zu gang sowie institutioneile Anleger, die zu ei nem börsennotierten Kurs abrechnen müs sen. Zum anderen fährt man fort, immer mehr deutsche Aktien an ausländischen Börsen plätzen einzuführen, wobei im letzten Jahr Tokio im Blickpunkt gestanden hat. Umgekehrt sind japanische Unternehmen bei der Bege bung von Optionsanleihen bestrebt, auch der optierbaren Aktie einen Markt im Ausland zu verschaffen. Parallel dazu hat der Markt für Euro-Aktien an Bedeutung gewonnen. Inter nationale Bankenkonsortien plazieren in meh reren Ländern gleichzeitig Aktien unter Aus schaltung des Bezugsrechts zu marktnahen Kursen. Die Streuung der Daimler-Aktien aus dem Flick-Besitz war die bislang größte Transaktion an diesem Markt. Es ist abzuse hen, daß nach der Emission ein Sekundärhan del entstehen wird. Angeblich sind schon im letzten Jahr in London mehr deutsche Stan dardwerte umgesetzt worden als in Frankfurt. Kann man dieses Geschäft überhaupt an die deutschen Börsen zurückholen, oder muß man sich mit der Zwangsläufigkeit der Inter nationalisierung abfinden? Der Markt jeden falls scheint andere Wege zu gehen, als sie vor Jahren in Brüssel mit dem Vorschlag einer europäischen Aktienbörse geplant waren. Und schließlich gilt es, die Technisierung des Handels und ihre Folgen zu bedenken. In zu nehmendem Maß verlagert sich der Handel aus den Börsenparketten in die Mikrochips. Der Computer schläft nicht, er macht Quotie rungen weltweit abfragbar, und über einige Systeme werden bereits Geschäfte abgewik- kelt. Eine reine Computerbörse liegt freilich noch in ferner Zukunft, und auch die Börsen scheinen sie einstweilen nicht als Bedrohung zu empfinden. Würden sie sonst soviel Geld in Neubauten investieren? Wie viele Börsen haben in den letzten Jahren neue Räumlich keiten bezogen oder ihre alten Handelssäle kostspielig erweitert. Aller modernen Technik 14

Rabobank Bronnenarchief

Geschäftsberichte Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt / ADCA Bank | 1985 | | pagina 16