Gesamtwirtschaftlicher
Überblick
Die deutsche Wirtschaft kann insgesamt auf
ein erfolgreiches Jahr 1984 zurückblicken,
wenn auch die konjunkturelle Entwicklung
nicht so gradlinig wie zu Beginn des Jahres
erwartet verlaufen ist.
Die Auftriebskräfte, die schon im Vorjahr an
Intensität gewonnen hatten, sorgten auch in
den ersten Monaten des Berichtsjahres für
eine weitere kräftige wirtschaftliche Bele
bung. Die Tarifauseinandersetzungen in der
Metallindustrie und im Druckgewerbe ließen
dann allerdings den anfänglichen Schwung
zur Jahresmitte hin spürbar erlahmen. Nach
Beendigung der Arbeitskämpfe gelang es
der Wirtschaft dank der sehr guten Aus
landsnachfrage, relativ rasch an den Auf
wärtstrend des Frühjahres anzuknüpfen, ja
sogar noch an Wachstumsdynamik zu gewin
nen. Die streikbedingten Produktionsausfälle
konnten dadurch bis Jahresende zum großen
Teil aufgeholt werden. Insgesamt nahm das
Bruttosozialprodukt 1984 um 2,6%, also um
doppelt soviel wie im Vorjahr, zu.
Wichtigste Antriebskraft für den konjunkturel
len Aufschwung war der Export von Waren
und Dienstleistungen. Er konnte dank der
wirtschaftlichen Erholung auch der Abneh
merländer sowie der preislichen Wettbe
werbsvorteile deutscher Anbieter gegenüber
Konkurrenten aus dem Dollarraum, aber
auch wegen der günstigen Kosten- und
Preisentwicklung in der Bundesrepublik real
um knapp 9,5% gesteigert werden. Beson
ders gut schnitten dabei die Grundstoff- und
Produktionsgüterindustrie, und hier vor allem
die Bereiche Eisen und Stahl, Papier und
Pappe sowie chemische Erzeugnisse, ab.
Aber auch die Investitionsgüterindustrie, die
von der weltweit in Schwung gekommenen
Investitionstätigkeit profitierte, verzeichnete
eine kräftige Steigerung ihrer Ausfuhren. Be
günstigt waren hier besonders die Bereiche
Elektrotechnik, Maschinenbau und Straßen
fahrzeuge. Demgegenüber gestaltete sich
der Export von Verbrauchsgütern insbe
sondere in der zweiten Jahreshälfte ver
haltener.
Unter den Abnehmerländern deutscher Wa
ren lagen die USA und Kanada mit Zuwachs
raten von 42,5% bzw. 40% weit an der Spit
ze. Aber auch die Ausfuhr nach Japan und in
die westeuropäischen Industrieländer konnte
mit in der Regel zweistelligen Steigerungsra
ten aufwarten. Selbst die Entwicklungsländer
erwiesen sich als besonders aufnahmefähig
für Produkte aus der Bundesrepublik.
Förderlich wirkte sich der konjunkturelle Auf
schwung im Inland auch auf den Import aus.
Gegenüber dem Vorjahr stieg er real um
5,5%. Mit der sich verstärkenden Produk
tionstätigkeit haben viele Unternehmen ver
mehrt Rohstoffe und Halbfertigwaren einge
führt. Aber auch Fertigerzeugnisse konnten
auf dem deutschen Markt weiter an Boden
gewinnen.
Da durch die kräftige Höherbewertung des
Dollars gegenüber der D-Mark sich die Ein
fuhrpreise gegenüber dem Vorjahr wesent
lich stärker erhöhten (+6%) als die Ausfuhr
preise (+3,5%), hat sich das reale Aus
tauschverhältnis im Außenhandel (Terms of
Trade) 1984 um 2,5% verschlechtert, was je
doch durch die expansive Exportentwicklung
überkompensiert wurde. So errechnet sich
im Berichtsjahr für die Handelsbilanz ein Re
kordüberschuß von 54 Mrd DM, der den des
Vorjahres (42,1 Mrd DM) und sogar das bis
herige Spitzenresultat von 1982 (51,3 Mrd
DM) übertrifft. Wegen dieses hohen Aktivsal
dos schließt die Leistungsbilanz bei verbes
serter Dienstleistungs-, aber zunehmend de
fizitärer Übertragungsbilanz mit einem Plus
von 17,7 Mrd DM (gegenüber 10,5 Mrd DM
in 1983).
Mit den Erfolgen im Export konnte die In
landsnachfrage nicht Schritt halten und ge
genüber dem Vorjahr nur mit einer Steige
rung von etwa 2% aufwarten. Trotzdem war
insgesamt auch hier insbesondere gegen
Jahresende eine Belebung unverkennbar,
wobei die kräftige Aufstockung der 1983
noch äußerst kurz gehaltenen Lagerbestän
de erheblich ins Gewicht fiel. Branchenmä
ßig verlief dabei die Entwicklung recht diffe
renziert. Gut abgeschnitten hat auch im In
landsgeschäft die Investitionsgüterindustrie.
Sie profitierte von der besonders in den letz
ten Monaten des Jahres wachsenden Investi
tionsbereitschaft der heimischen Wirtschaft
im Ausrüstungsbereich. Elektrotechnische
Ausrüstungsgüter, Büromaschinen und Da
tenverarbeitungsgeräte waren ebenso ge
fragt wie Werkzeugmaschinen und Nutzkraft-
12