raum für die Dienste von Banken ist, die sich
als Anbieter einer breiten Palette von Service
leistungen speziell für die mittelständische
Wirtschaft und für den privaten Mittelstand
mit seinen vielfältigen und immer individueller
werdenden Bedürfnissen verstehen; so weit
also der Spielraum ist, den die vorstehenden
Überlegungen zur Lebensqualität eröffnen:
bewußt bleiben sollten wir uns, daß mit sol
chen Ideen wahrscheinlich ein gutes Stück in
die Zukunft vorgegriffen wird, impliziert doch
dieses Szenario im Grunde bereits die
Bewältigung der Wachstumsverlangsamung.
Die unmittelbare Herausforderung an die
soziale Marktwirtschaft in der jetzigen „zwei
ten Generation“ ist ohne jeden Zweifel diese
Wachstumsverlangsamung, hier verstanden
als ein Vorgang, der dem Abbremsen eines
Schnellbahnzuges gleicht. Die bei dieser
Verzögerung auftretenden Beharrungskräfte
reichen von der Kostenremanenz in den
Unternehmen, die zumindest vorübergehend
die Gewinne schmälert und die verringerte
Investitionsbereitschaft außerdem in die
Rationalisierungsrichtung drängt, bis zu einer
analogen „Ausgabenremanenz“ in den
öffentlichen Haushalten, die den so entste
henden Defiziten einen guten Teil ihrer kon
junkturanregenden Wirkung nimmt.
So gut wie unvermeidlich kommt es des wei
teren zumindest vorübergehend zu einer
Zuspitzung der Verteilungskonflikte, und
zwar sowohl bei den Tarifverhandlungen als
Schauplatz der primären wie bei den Budget
verhandlungen als Austragungsort der
sekundären Einkommensverteilung, denn je
geringer der Produktivitäts- bzw. Steuerein-
nahmen-Zuwachs wird, aus dem miteinander
konkurrierende Ansprüche befriedigt werden
können, desto mehr nähert sich der jeweilige
Verteilungskonflikt einem „Nullsummen
spiel“, bei dem der Gewinn des einen Part
ners der Verlust des anderen ist.
Der Situation eines Nullsummenspiels ähnelt
bei einer Wachstumsverlangsamung aber
auch der Wettbewerb um eine insgesamt zur
Stagnation tendierende Nachfrage. Auf die
Ebene der Unternehmen übertragen, bedeu
tet eine Verringerung des Sozialprodukt
wachstums, daß man sozusagen nicht mehr
miteinander, sondern nur noch gegeneinan
der expandieren kann; an die Stelle der Aus
weitung des Gesamtmarktes tritt ein um so
erbitterterer Kampf um Marktanteile.
Das bedeutet nun nicht, daß in einer nur
noch langsam wachsenden Wirtschaft keine
Gewinne mehr zu machen sind; bei Schum
peter heißt es bezeichnenderweise: „Ohne
Entwicklung (und nicht: ohne Wachstum!)
kein Unternehmergewinn, ohne Unterneh
mergewinn keine Entwicklung“, und Entwick
lung in diesem Sinn kann ebenso Produkt
verbesserung, -Verdrängung oder -Verbilli
gung, also Gewinn aus Kostensenkung statt
Gewinn aus Umsatzsteigerung, sein. Wohl
aber bedeutet die Verschärfung des Wettbe
werbs durch weltweite! Wachs
tumsverlangsamung, daß Gewinne schwerer
zu machen sind als in Wachstumswunder
jahren.
Für den Unternehmer ist das eine Bewäh
rungsprobe. Eine Bewährungsprobe ist der
Übergang, nein, richtiger: die Rückkehrzu
geringeren Wachstumsraten aber auch für
die Bank, die zu beweisen hat, daß sie in
engstem Kontakt mit den von ihr betreuten
Unternehmen Chancen und Risiken verläß
lich einzuschätzen vermag; daß sie ebenso
schnell zu disponieren vermag, wie dies der
Unternehmer auf hart umkämpften Märkten
tun muß; und daß sie, weil ja auch vor dem
Bankenapparat die allgemeine Wachs
tumsverlangsamung nicht haltmacht und sich
der Kampf um Marktanteile verschärft,
imstande sein muß, sich für ihren speziellen
Kundenkreis zu profilieren, also einen sozu
sagen maßgeschneiderten Service zu bieten.
Dieses Selbstverständnis der kundengrup-
pen- und produktorientierten Privatbank hebt
sich vom grundsätzlichen Anspruch der gro
ßen Universalbank, allen nur denkbaren Kun
den alle nur denkbaren Aktiv-, Passiv- und
Dienstleistungsgeschäfte zu offerieren,
ungefähr so ab, wie auf der Ebene der Wirt
schaftspolitik das Bemühen um die Verbes
serung der einzelbetrieblichen Angebots
struktur von der globalen Ausweitung der
Nachfrage. Beide Strategien haben ihre Meri
ten, und welche jeweils den Vorzug verdient,
ergibt sich aus der besonderen Konstella
tion.
Durchaus im gleichen Sinn mag die soziale
Marktwirtschaft in der ersten, auf quantitati
ves Wachstum ausgerichteten „Generation“
ihre adäquate Entsprechung in der für das
Massengeschäft eingerichteten großen Uni
versalbank gefunden haben. Die soziale
Marktwirtschaft der „zweiten Generation“, in
der das quantitative Wachstum hinter die
qualitative Verbesserung, sei es der Unter
nehmensleistung, sei es unserer Lebensge
staltung zurücktritt, verlangt in sicher zuneh-
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