Bundesrepublik Deutschland
Unsicherer
Konjunkturverlauf
Binnenwirtschaftliche
Nachfragekomponenten
tausch führte. Die schwierigen Verhandlungen über eine stärkere Öffnung des japa
nischen Marktes fanden gegen Ende der Berichtszeit einen vorläufigen, jedoch un
befriedigenden Abschluß. Aber auch die EG sah sich in der Praxis genötigt, zum
Schutz einzelner Industriezweige (Textil und Stahl) von dem von ihr vertretenen Frei
handelsprinzip abzuweichen.
Dennoch hat die EG, trotz ihrer schwunglosen Verfassung, auf Außenstehende von
ihrer Anziehungskraft nichts eingebüßt. Griechenland, Spanien und Portugal bemü
hen sich und wie es scheint, mit Aussicht auf Erfolg um eine Mitgliedschaft. Ob
allerdings ihre Volkswirtschaften hierfür reif sind oder ob die EG fähig sein wird, vor
ihrer Konsolidierung eine neue, den Agrarmarkt belastende Erweiterung zu verkraf
ten, bleibt umstritten.
Für die bundesdeutsche Wirtschaft war das Jahr 1977 konjunkturell ein Jahr der Ent
täuschungen. Zwar bestand zum Jahresbeginn eine relativ günstige Ausgangslage:
Die schon im letzten Quartal des Vorjahres nach oben gerichtete Tendenz setzte
sich, etwas abgeschwächt, zunächst fort. Aber bereits im Frühjahr geriet der Wirt
schaftsaufschwung ins Stocken und der Sommer brachte in Auftragseingang und
Produktion einen Rückschlag. Erst in den letzten Monaten des Jahres machten sich
wieder stärkere Auftriebskräfte bemerkbar. Der zwischenzeitlich eingetretene Kurs
verfall des Dollar hat jedoch maßgeblich dazu beigetragen, daß eine durchgreifende
Konjunkturverbesserung sich bis Jahresende nicht durchsetzen konnte.
Das reale Wachstum des Bruttosozialproduktes lag mit 2,9 o/o in der ersten und 2,0%
in der zweiten Jahreshälfte erheblich unter der von der Bundesregierung im Jahres
wirtschaftsbericht 1977 genannten Zielprojektion. Nach vorläufigen Berechnungen
nahm die Produktion 1977 nur um 2,9% (gegenüber 6,9% im Vorjahr) zu. Der Order
zugang war sogar leicht rückläufig.
Dieses geringe Wachstum der deutschen Wirtschaft reichte nicht aus, um die Vollbe
schäftigung wiederherzustellen. Im Gegenteil: Nur massive staatliche Maßnahmen
konnten ein weiteres Anschwellen der Arbeitslosigkeit verhindern. Bereits im dritten
Jahr war im Durchschnitt mehr als eine Million Arbeitnehmer beschäftigungslos. Dar
über hinaus war fast eine viertel Million Erwerbstätige von Kurzarbeit betroffen.
Wenn es auch zu keiner überschäumenden Konsumwelle kam, so gingen doch von
der Nachfrage der privaten Haushalte in zunehmendem Maße belebende Impulse für
den Konjunkturverlauf aus. Die Sparneigung der Bevölkerung war zwar immer noch
hoch, aber wohl mitbeeinflußt durch das gesunkene Zinsniveau geringer als in
den letzten Jahren. Von den rd. 25 Mrd DM aus freigewordenen vermögenswirksa
men Sparverträgen flossen etwa 7 Mrd DM in den Konsum. Die Ausgaben betrafen
neben Reisen und Freizeitgestaltung vor allem die Anschaffung längerlebiger und
höherwertiger Güter. Am stärksten wirkte sich dies für die Automobilindustrie aus,
für die bei einem Ausstoß von 4,1 Mio Einheiten 1977 zu einem Rekordjahr wur
de.
Weit schwächer gestaltete sich die Nachfrage nach Verbrauchsgütern. Hier verzeich-
nete der Einzelhandel ein nominales Umsatzplus von 5,1 während über 10% mehr
16