Bundesrepublik Deutschland
Im konjunkturellen
Erholungsprozeß
Hauptstützen
der Konjunktur:
die Verbrauchernachfrage
und die
Auslandsnachfrage
Verhaltene
Investitionsneigung
Auch in der Bundesrepublik konnte 1976 die Rezession endgültig überwunden wer
den. Dabei verlief die konjunkturelle Erholung jedoch keineswegs geradlinig oder gar
boomartig. Der Aufschwung, der sich im Frühjahr kräftig entfaltet hatte, verlor in den
folgenden Monaten an Intensität und enttäuschte die Erwartungen all derer, die auf
eine wesentlich dynamischere Aufwärtsentwicklung gehofft hatten.
Der Anstieg des realen Bruttosozialproduktes schwächte sich von 5,9% im ersten
Halbjahr auf 5,3% im zweiten Halbjahr ab. Die industrielle Nettoproduktion, die in
den beiden Vorjahren rückläufig war, erreichte einen Zuwachs von 6,7%. Hierzu ha
ben alle Industriezweige mit Ausnahme des Bergbaus beigetragen. Das Wirtschafts
wachstum beruhte in erster Linie auf dem Produktivitätsfortschritt, der mit gut 10%
höher ausfiel als jemals zuvor im vergangenen Jahrzehnt.
Hauptstütze der Binnenkonjunktur war die Entwicklung der privaten Verbraucher
nachfrage. Viele Ansprüche wurden nunmehr erfüllt, die während der Rezession zu
rückgestellt worden waren. Symptomatisch hierfür waren die Käufe von Privatwagen
und die Nachfrageverlagerung zu höherwertigen Typen. So stieg die Zahl der Neuzu
lassungen von Personenkraftwagen um fast 9% auf die Rekordhöhe von 2,3 Millio
nen Fahrzeugen. Im Frühsommer ebbte zwar die Welle der Nachholkäufe etwas ab;
gegen Jahresende erfolgte jedoch eine erneute Belebung der Nachfrage. Die Umsät
ze des Einzelhandels wuchsen um nominal 7% und real 3,1 auf fast 302 Mrd DM.
Insgesamt nahmen die Verbrauchsausgaben in Relation zum verfügbaren Einkom
men stärker zu, was den Wandel im Sparverhalten breiter Bevölkerungsschichten
deutlich macht. Die Sparquote fiel gegenüber dem Vorjahr auf gut 14% zurück.
Die Zunahme des privaten Verbrauchs führte auch zu einem Anstieg der Konsumen
tenkredite mit Steigerungsraten, wie sie für die Jahre vor der Rezession kennzeich
nend waren.
Die zweite große Auftriebskraft im Zuge der weltwirtschaftlichen Konjunkturbelebung
bildete die Auslandsnachfrage. Schon Anfang 1976 zogen die Auslandsaufträge kräf
tig an. In den Sommermonaten kam es infolge verschiedener Großaufträge zu einem
neuen Nachfrageschub, der zu einer überproportionalen Steigerung im dritten Quar
tal führte. Aber auch danach gingen die Bestellungen deutlich über das Niveau der
ersten Jahreshälfte hinaus.
Begünstigt durch konjunkturpolitische Maßnahmen des Vorjahres nahmen die Anla
geinvestitionen der Unternehmen um 9,6o/o zu. Dabei stiegen die Ausrüstungsinve
stitionen um rund 10% und die Bauinvestitionen um knapp 9%. Eine deutliche Bele
bung der Investitionsneigung wie in früheren konjunkturellen Aufschwungphasen
blieb jedoch diesmal aus. Ausschlaggebend hierfür waren die nach wie vor schlechte
Kapazitätsauslastung sowie die unzureichende Kapitalrendite. So galten denn auch
die Investitionen überwiegend der Rationalisierung sowie der Ersatzbeschaffung und
nur zum kleineren Teil der Erweiterung der Produktionsanlagen.