Bundesrepublik Deutschland
Ein Jahr der
Rückschläge
mit Arbeitslosigkeit
und Kurzarbeit
und vielen
Zusammenbrüchen
Die von offizieller Seite wiederholt gegebenen Prognosen, die für das Jahr 1975
ein baldiges Ende der besonders seit dem Herbst des Vorjahres akzentuierten
rezessiven Phase in Aussicht stellten, haben sich nicht bestätigt. Die angekündigte
Tendenzwende blieb aus. Im ersten Halbjahr setzte sich vielmehr die konjunk
turelle Talfahrt fort, um im Sommer endlich ihren Tiefpunkt zu erreichen. Erst in
der zweiten Jahreshälfte waren Anzeichen einer Stabilisierung, in Teilbereichen
der Wirtschaft auch einer allmählichen Erholung erkennbar. Diese reichten nicht
aus, um noch ein befriedigendes Ergebnis der volkswirtschaftlichen Gesamt
rechnung zu sichern. Hatte das Bruttosozialprodukt 1974 mit der ungewohnt
niedrigen realen Zuwachsrate von 0,4% nahezu stagniert, so brachte das Jahr
1975 statt Wachstum - erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik-Schrumpfung.
Nominal stieg zwar das Sozialprodukt, wenn auch abgeschwächt, weiter auf
1 Billion DMreal aber sank es um 3,4% ab.
Die Hauptursachen des Rückgangs lagen in den starken Einbußen, die besonders
der industrielle Sektor, aber auch Handel und Verkehr hinnehmen mußten. Nur
Dienstleistungsunternehmen sowie die öffentlichen und privaten Haushalte ver
mochten ihren Beitrag zum Sozialprodukt, wenn auch geringer als in den Vor
jahren, zu erhöhen.
Zu Beginn des Berichtsjahres gab es bereits nahezu 1 Million Arbeitslose. Im
weiteren Verlauf wurde diese Zahl im Durchschnitt noch überschritten. Ende 1975
zählte die amtliche Statistik über 1,2 Millionen Erwerbslose. Auch die Anzahl der
Kurzarbeiter, schwankend zwischen 750000 und 900000, konnte 1975 nicht ab
gebaut werden. Das Angebot offener Stellen war von Jahresende zu Jahresende
für Arbeitnehmer beiderlei Geschlechts rückläufig. Diese in der Bundesrepublik
bisher unbekannte, sozioökonomisch äußerst gravierende Situation des Arbeits
marktes war nur dank eines eng geknüpften Netzes sozialer Absicherung er
träglich.
Zu den nicht wenigen „negativen Superlativen“ des Berichtjahres gehört ein
Höchststand an Konkursen und Vergleichen. Mit 9195 Insolvenzanträgen wurde
die bereits sehr hohe Ziffer des Vorjahres nochmals um rund 19% übertroffen.
Gut zwei Drittel hiervon entfielen auf Unternehmen und zwar mit einer über
durchschnittlichen Zunahme aus dem mittelständischen Bereich.
Dieses unerfreuliche Resultat ist gewiß nicht ausschließlich auf die von der