Beeinträchtigter
Welthandel
Rohstoffe und
Rohstoffpolitik
Entschärftes
Petrodollarproblem
Die durch die Rezession verursachte Nachfragedämpfung in den Industrieländern
hat den Welthandel im Berichtsjahr stark beeinflußt. Seine volumenmäßige Zu
wachsrate betrug im Boomjahr 1973 zwischen 12-13%, 1974 immerhin noch
zwischen 4-5%. 1975 schrumpfte das Handelsvolumen nach der Schätzung des
GATT-Sekretariates um 6%. Von der ungünstigen Entwicklung wurde die Handels
schiffahrt in hohem Maße betroffen. Die Aufliegertonnage stieg während der
Berichtsperiode stark an: gegen Ende des ersten Quartals 1976 belief sie sich
auf fast 27 Mio BRT. Die verminderten Erdölimporte der Industriestaaten führten
zur „Tankerkrise” unter Stillegung auch gerade fertiggestellter Großtonnage,
die noch vor Ausbruch der Ölpreisexplosion in Auftrag gegeben worden war
und der Stornierung von Baukontrakten mit entsprechendem Ablösungsaufwand.
Die aufliegende Tonnage erreichte am Jahresende 1975 14,5% der Welttanker
flotte.
Konjunktur- und zahlungsbilanzbedingte Schwierigkeiten veranlaßten einige
Industrieländer, Schutzmaßnahmen in Form von Handelsrestriktionen zu ver
hängen, die in Widerspruch stehen zu den Prinzipien des GATT, des Trade Pledge
der OECD und zur Erklärung der Gipfelkonferenz von Rambouillet für die Bei
behaltung eines offenen Handelssystems. Eine Welle massiv-dirigistischer und
den Freihandel untergrabender Eingriffe blieb aber aus. Sanktioniert durch die
im September 1975 beendete 7. Sondersitzung der UNO bleibt dagegen auf
dem Verhandlungstisch übernationaler Konferenzen die Forderung der Entwick
lungsländer nach einer „Neuordnung der Weltwirtschaft“, deren Kernpunkt in
Abnahmegarantien und Preisindexierungen für Rohstoffe besteht. Von den USA
geht neuerdings ein Alternativvorschlag aus: die Gründung eines von der Welt
bank verwalteten Investmentinstitutes, das als „International Resources Bank“
bei der Förderung und dem Export von Rohstoffen Beistand leisten soll.
An den internationalen Rohstoffmärkten war das durchschnittliche Preisniveau
gegenüber der letzten Hausse um die Jahreswende 1973/74 um rund 20% zurück
gefallen. Besonders bei den NE-Metallen konnten weitere Preiseinbrüche nur
durch Produktions- und Ausfuhrbeschränkungen verhindert werden. Sehr unter
schiedlich verlief die Entwicklung bei Nahrungs- und Genußmitteln, extrem
ausgedrückt durch den Anstieg der Kaffeenotierungen (New York) um 41,1%
und das Absinken des exorbitant hohen Zuckerpreises (London) um 73,3%. In
den ersten drei Monaten des laufenden Jahres haben sich die Rohstoffe insgesamt
wieder leicht verteuert (HWWA-Index: +4%).
Durch die Ölverteuerung war 1974 ein globales Leistungsbilanzdefizit der OECD-
Länder von rund 33 Mrd US-$ entstanden, während die OPEC-Länder enorme Über
schüsse zu verzeichnen hatten. Zwar hatten Expertenschätzungen unter der
Voraussetzung eines gut funktionierenden Recyling des Petrodollars mit einem
schrittweisen Abbau der OECD-Defizite bis spätestens 1980 gerechnet; unter
dem Einfluß der Rezession vollzog sich der Wandel aber viel rascher und
markanter. Ende 1975 betrug der Minussaldo nur noch 6 Mrd d. h. die Leistungs
bilanzen der OECD-Länder hatten sich gegenüber dem Vorjahr um rund 23 Mrd
verbessert. In scharfem Kontrast zu diesem günstigen Ergebnis steht die Situa
tion der Entwicklungsländer, die kein Erdöl exportieren; deren Defizite erhöhten
sich um etwa 8 Mrd auf schätzungsweise 23 Mrd