Automobil
industrie
ten Monaten des Jahres wurden sowohl im Hoch- wie im Straßenbau Aufträge er
teilt, deren Werte über das Vorjahresniveau hinausgingen. Gegenwärtig und für die
nähere Zukunft dürften sich nur im öffentlichen Bau befriedigende Aussichten bie
ten, da auf den Sektoren des Schul- und Gesundheitswesens, des Verkehrs, des
Umweltschutzes und der sozialen Einrichtungen nach wie vor ein hoher Bedarf be
steht. Beim gewerblichen Bau wird die Weiterentwicklung davon beeinflußt werden,
in welchem Ausmaß das Konjunkturförderungsprogramm vom Dezember 1974 die
Industrie zu Erweiterungsinvestitionen ermutigt. Auch der Wohnungsbau erhielt
durch dieses Programm gewisse Anreize, vor allem hinsichtlich der Altbausanie
rung. Sein bisheriger Anteil am Gesamtvolumen-seit 1960 konstant 40 %-wird in
Vollzug der erforderlichen Anpassung an die reduzierte mittelfristige Nachfrage
sinken. Die zunehmende Chance, eine schwache Inlandsnachfrage durch forciertes
Auslandsengagement, vor allem außerhalb Europas und insbesondere im Nahost-
Raum, zu kompensieren, bleibt in der Regel nur Großfirmen mit Erfahrung, langjäh
rigem know how und hinreichender Kapitalaussstattung Vorbehalten.
Neben dem Bausektor verzeichnete die Automobilindustrie im vergangenen Jahr
den stärksten Rückgang. Der Abschwung, der beim viertgrößten bundesdeutschen
Industriezweig schon Mitte 1973 begonnen hatte, setzte sich auch 1974 weiter fort.
Unvermeidbar hatte dies beachtliche negative Folgen für einen Großteil der kleinen
und mittleren Zulieferfirmen.
Die Produktion von Personen- und Nutzfahrzeugen sank um fast 22 auf 3,10 Mio
Einheiten (hiervon rd. 2,73 Mio Personenwagen), d. h. ungefähr auf das Volumen
von 1968. Mit diesem Ergebnis hat die Bundesrepublik ihre Spitzenposition als eu
ropäischer Produzent nur knapp vor Frankreich (3,09 Mio Fahrzeuge, Produktions
rückgang: 4 gehalten. Der Branchenumsatz, der 1973 noch um 10 gestiegen
war, verringerte sich im Jahresverlauf um 8 auf 38,7 Mrd DM. Zusammen mit er
heblichen Kostensteigerungen im Personalbereich sowie dem Preisauftrieb für
Material und Energie führte dies zu einer eindeutigen Verschlechterung der Er
tragslage.
Ursächlich für diese in der westlichen Welt nahezu gleichlaufende Entwicklung war
das Zusammentreffen verschiedener belastender Faktoren konjunktureller wie
auch struktureller Art. Einmal litt der Inlandsabsatz bei einer gewissen Marktsätti
gung unter dem erheblichen Preisanstieg wie der Verteuerung der Wagenhaltung.
Noch gravierender aber waren die Einbußen im Auslandsgeschäft, zu denen bei
weltweit abgeschwächter Nachfrage die überdurchschnittliche Preisanhebung für
deutsche Wagen durch Produktionskostenanstieg und die internationale Höher
bewertung der DM geführt hatten. So wurden im Vorjahr in das weitaus größte Ab
nehmerland, die USA, 188 000 Einheiten oder 24,2 weniger als 1973 verkauft.
Damit trat die deutsche Automobilindustrie- nächst dem Maschinenbau die zweit
größte Exportgruppe der Bundesrepublik- ihren ersten Platz in der Weltausfuhr an
Japan ab.
Es erscheint hinsichtlich der gegenwärtigen Lage der Automobilindustrie ausge
wogener, von einer schwierigen Phase als von einer „Krise“ im eigentlichen Sinne
des Begriffes zu sprechen. Zwar mußten viele Werke durch Reduzierung ihrer Be
legschaft (um insgesamt rd. 40 000 auf rd. 592 000 Arbeitnehmer) oder durch zeit
weisen Übergang zu Kurzarbeit ihre Fertigung drosseln, was die Auslastung der Ka
pazitäten auf etwa 70 herunterdrückte, doch konnten die Schwierigkeiten ohne
Stillegung von Produktionsstätten gemeistert werden. Wenn auch mit Jahresbe
ginn weitere Arbeitskräfte freigestellt werden mußten, zeigten die folgenden Mo-
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