Ausgewählte Branchen Bauwirtschaft Für den mit bislang mehr als 1,5 Mio Arbeitnehmern größten deutschen Wirt schaftszweig war 1974 das kritischste Jahr seit Bestehen der Bundesrepublik. Ihren Höhepunkt hatte die Bauindustrie, erkennbar am Auftragseingang, schon im ersten Quartal 1973 überschritten. Im weiteren Jahresverlauf wurde die investive Brems wirkung der im Zweiten Stabilisierungsprogramm der Bundesregierung niederge legten Konjunkturdämpfungsmaßnahmen abrupt spürbar. Doch erst 1974 zeigten sich die Auswirkungen in vollem Umfang. Zugleich wurde aber auch deutlich, daß die zunehmend akzelerierte Talfahrt kein ausschließlich konjunkturell verursachter Vorgang war. Die geleisteten Arbeitsstunden lagen bereits im ersten Halbjahr 1974 um etwa 12,1 unter denen des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Die Bauinve stitionen gingen um 8,4 zurück. Die am Jahresende vorliegenden Auftragsbe stände waren vergleichsweise extrem niedrig: sie erreichten mit rd. 2 Monaten ei nen bisher nicht für möglich gehaltenen Tiefstwert. Die Zahl der freigesetzten Bau arbeiter betrug bereits 141 000 und erhöhte sich trotz günstiger Witterung im Ja nuar 1975 auf 210 000 (gegenüber 120 000 zur gleichen Zeit des Vorjahres). Unter der schlechten Beschäftigungslage litten besonders die durch einen relativ hohen Fixkostenanteil belasteten Mittelbetriebe mit 50-500 Arbeitnehmern. Die Zahl der industriellen Betriebe, die seit ihrem Höchststand von 1965 jährlich abgenommen hatte, vermindertesich 1974weiter um etwa 2 500, davon rd. die Hälftedurch freiwil lige Geschäftsaufgabe. Im übrigen war der rezessive Prozeß sowohl regional wie hinsichtlich der bauwirtschaftlichen Hauptzweige differenziert. Im Wohnungsbau wurden 1974 rd. 605 000 Einheiten erstellt, ein Ergebnis, das zwar unter der Rekordproduktion des Vorjahres (715 000) lag, aber gleichwohl die Auf nahmefähigkeit des Marktes, der ein Käufermarkt geworden war, beträchtlich über forderte. Die „Halden“ unverkäuflicher oder nicht vermietbarer Wohnungen, über wiegend solche der höheren Preisklasse, sind weiter gewachsen. Die Zahl der Baugenehmigungen blieb als Folge dieser Entwicklung um rd. 200 000 hinter den Fertigstellungen zurück, ein Anzeichen dafür, daß sich die Nachfrage auf einen mit telfristig zu erwartenden Jahresbedarf von 450 000 bis 500 000 Wohnungen einpen deln wird. Auch beim gewerblichen und industriellen Hochbau wurde über den Bedarf hinaus produziert, so im Bau von Bürohochhäusern, auf dem Hotelsektor und in der Errich tung aufwendiger Ferienzentren, so daß Baufirmen und Bauträgergesellschaften mit dünner Kapitaldecke durch unverkäufliche Großobjekte in Schwierigkeiten ge rieten. Eine gewisse Belebung war bei öffentlichen Bauvorhaben festzustellen. In den letz- 27

Rabobank Bronnenarchief

Geschäftsberichte Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt / ADCA Bank | 1974 | | pagina 33