sind eine Herausforderung an die Innovationskraft und das Solidaritätsbewußtsein
aller Betroffenen.
Unter den Gemeinschaftsaktionen der Industriestaaten während der Berichtspe
riode verdient energiepolitisch die Gründung der Internationalen Energieagentur
(IEA) und finanzpolitisch die Einrichtung eines Solidaritätsfonds der OECD-Staaten
in Höhe von 25 Mrd eines als ultima ratio gedachten Sicherheitsnetzes für ölpreis
bedingte Zahlungsbilanzdefizite, hervorgehoben zu werden.
Wie schwierig der Weg von der Konfrontation and Kollision zur partnerschaftlichen
Verständigung seitens der gegenwärtig auf der Weltwirtschaftsbühne formierten
oder sich formierenden Interessenblöcke auch sein mag (der Mißerfolg der neuntä
gigen Pariser Vorbesprechungen zur Vorbereitung einer für den Sommer 1975 ge
planten Energiekonferenz hat dies sehr deutlich gezeigt), die Weit ist zu klein und
die globale Interdependenz zu groß geworden, als daß es zur umfassenden und fai
ren Kooperation eine Alternative gäbe - es sei denn eine für die Weltbevölkerung
letztlich verhängnisvolle.
EG Bilanz mit Plus Richtungweisend für eine wesentlich undirigistische, aber großzügig mit Entwick-
und Minus lungshilfe gekoppelte kooperative Handelspolitik könnte das größte internationale
Vertragswerk werden, das die EG bisher abgeschlossen hat: die Konvention von
Lomé mit 46 Entwicklungsländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks. Dieses Ab
kommen, das den sog. AKP-Staaten praktisch freien Zugang zum europäischen
Markt ohne Übernahme entsprechender Gegenverpflichtungen sichert und ihnen
weitere wichtige Privilegien einräumt, baut die führende Position der EG als Wirt
schaftspartner der Entwicklungsländer weiter aus.
Die Integrationsbemühungen innerhalb der Gemeinschaft verliefen insofern posi
tiv, als wenn auch nach langer Verzögerung und erst nach finanziellen Zuge
ständnissen an Großbritannien der EG-Regionalfonds zustande kam. Außerdem
wurde gegen Jahresende der mittelfristige Währungsbeistand der EG zugunsten
Italiens mobilisiert. Auch das gemeinsame Konzept der EG-Mitglieder bei den jüng
sten währungspolitischen Verhandlungen im Rahmen der Zehnergruppe und des
IWF in Washington ist in dieser Hinsicht als Fortschritt zu werten.
Es gab aber auch während der Berichtszeit schwerwiegende Rückschläge. So ist es
nicht gelungen, eine einheitliche Haltung in der Energiepolitik zu erzielen. Frank
reich blieb selbst der IEA fern. Italien und Dänemark sahen sich zu befristeten Im
portrestriktionen gezwungen. Auf dem Agrarsektor entstanden neue Schwierigkei
ten.
Im vierten und jetzigen fünften Jahr seit der offiziellen Verkündigung des beginnen
den Stufenbaus zur Wirtschafts- und Währungsunion ist das Ziel, einen EG-Wäh-
rungsraum mit festen Paritäten zu schaffen, in weite Ferne gerückt. Die ölpreisbe
dingten Diskrepanzen in den Zahlungsbilanzen der Partnerländer sind zu groß, als
daß sie durch ein rein EG-internes Recycling den hinreichenden Ausgleich finden
könnten. Deshalb liefen innergemeinschaftliche Hilfsaktionen auch erst im Herbst
1974 an, während die aktive atlantische OECD schon vorher entscheidende Bei
standsinitiativen entfaltet hat.
Immerhin wurde trotz starker Ausschläge an den internationalen Devisenmärkten
der europäische Wechselkursverbund des Blockfloatens durchgehalten. Die sich
im Frühjahr 1975 abzeichnende Verlängerung dieser „Währungsschlange“ durch
den Wiederanschluß Frankreichs ist zwischenzeitlich weitgehend gesichert. Zeit
weise aussichtsreiche Erwartungen auf einen Beitritt der Schweiz haben sich da
gegen nicht erfüllt.
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