Stabilitätsziel unerreicht
Aus der volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung
Das erste Quartal 1974
bilitätsprogrammes. Er wurde allerdings unter dem Eindruck der sich ver
schlechternden binnenwirtschaftlichen Konjunktur und in diesem Zusammen
hang befürchteter Einbrüche auf dem Arbeitsmarkt im Dezember größtenteils
wieder rückgängig gemacht.
Trotz der vereinten Bemühungen von Notenbank und Bundesregierung kletter
ten die Preise auf der ganzen Linie weiter nach oben. Die Erzeugerpreise in
dustrieller Produkte erhöhten sich um 8,5 die Großhandelsverkaufspreise
um 9,3 die Einzelhandelspreise um 6,5 Nur wenige Lebenshaltungsgüter
wurden billiger. Der Preisindex für die Lebenshaltung der privaten Haushalte,
Mittelpunkt des allgemeinen Interesses an der Preisentwicklung, erreichte 1973
die Jahresrate von 7,8 Ehe man aber von einem vollständigen Scheitern der w>
Stabilitätspolitik spricht, sollte neben Ansatzpunkten der Kritik wie besonders
hinsichtlich der ungenügenden Ausgabendrosselung der Gebietskörperschaf
ten mitbedacht werden, daß dieselbe durch den Ausbruch der Ölkrise im Ok
tober schwer beeinträchtigt und außerdem durch die Entwicklung der Tarif
löhne und Tarifgehälter unterlaufen wurde, die sich insgesamt bei der Arbeiter
schaft um 10,1 und bei den Angestellten um 9,7% erhöhten. Ohne die sta
bilisierenden Maßnahmen, die sich insbesondere auf dem Baumarkt, aber auch
in anderen exportfremden Bereichen nachhaltig auswirkten, hätte der Preisauf
trieb ähnliche Ausmaße wie in anderen wichtigen Industrienationen angenom
men. So blieb, um aus dem Jahresbericht der Bundesbank zu zitieren, die Bun
desrepublik das letzte Schiff im „Inflationsgeleitzug“.
Das nominale Bruttosozialprodukt der Bundesrepublik erhöhte sich verstärkt
im ersten und abgeflacht im zweiten Halbjahr um 11,6% (gegenüber 9,2%
und 10,9% in den Jahren 1972 und 1971) auf 926,2 Mrd DM. Preissteigerungen
absorbierten einen großen Teil der nominellen Zunahme. Der reale Zuwachs,
im wesentlichen auf einer Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität
beruhend, belief sich auf 5,3 (gegenüber 3,0 und 2,7 in den beiden Vor-
jahren). Für dieses Jahr ist mit einer ähnlich hohen Zuwachsrate schwerlich
zu rechnen.
Die ersten drei Monate dieses Jahres brachten keine wesentliche Veränderung
der Wirtschaftslage. Zwar fiel der Start im Januar besser aus als erwartet,
nachdem beim Erdöl aus einem Versorgungsproblem „nur“ eine Preisfrage ge
worden war. Im Februar schien sich die Konjunktur zu kräftigen, doch der März
brachte sowohl bei der Inlands- wie der Auslandsnachfrage eher Rückschläge.
Die industrielle Produktion hielt sich nur im Bereich der Verbrauchsgüterin-
dustrien auf gleich hohem Niveau. Die abwärts gerichtete Produktionstendenz
im gesamten Bauhauptgewerbe bewirkte erhebliche negative Auswirkungen
auf die Baustoffindustrie mit Produktionsrückgängen bis zu 40 Die Automo
bilindustrie produzierte im ersten Quartal rd. 18% weniger Kraftfahrzeuge als
in der Vergleichszeit des Vorjahres. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich von
2,2 Anfang Januar auf 2,6 im März. Hauptstütze der Konjunktur war weiter
hin der Export. Er erbrachte einen Überschuß von 3,6 Mrd DM im Januar, von
5,1 Mrd DM im Februar und von 4,6 Mrd DM im März.