Bundesrepublik Deutschland
Währungsneuordnung
in der Schwebe
Die Preisgabe der festen Dollarparität bedeutet das Ende der seit 1945 be
stehenden Währungsordnung von Bretton Woods. Diese einschneidende Maß
nahme war notwendig geworden, um die inflationstreibende Anhäufung uner
wünschter Währungsreserven zu unterbinden, nachdem der im Washingtoner
Abkommen vom Dezember 1971 unternommene Versuch, durch eine erste Dol
larabwertung und durch ein Realignment der Wechselkurse das System zu ret
ten, die auf ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt hatte. Ob es beim Floating
bleibt oder ob in absehbarer Zeit wieder zu einem weltumfassenden Währungs
system zurückgefunden werden kann, steht dahin. Die Weltwährungskonferenz
von Nairobi, die am 28. September ohne Lösungsvorschläge endete, gibt in die
ser Hinsicht wenig Anlaß zur Hoffnung.
Stagnierende EG
Die zu Jahresbeginn vollzogene Erweiterung der EG auf neun Mitglieder war
ein verheißungsvoller Auftakt. Um so enttäuschender war allerdings der weitere
Verlauf. Unter dem Druck nationalwirtschaftlicher Gegebenheiten blieb die In
tegrationspolitik auf der Strecke. Der Zusammenschluß zum Floating-Block
erwies sich nicht als Schritt auf dem Wege zur Währungsunion: Großbritannien,
Irland und Italien blieben dem Block von vornherein fern, während Frankreich
11 Monate später ausscherte. Wie stark die allgemeine Neigung ist, mühsam
Errungenes wieder in Frage zu stellen, zeigen die Überlegungen der Regierung
Großbritanniens, möglicherweise wieder aus der EG auszuscheiden.
Uneinheitlicher Konjunkturverlauf
Im Jahr 1973 nahm die bundesdeutsche Konjunktur einen uneinheitlichen Ver
lauf. Zunächst war die Entwicklung in Fortsetzung des bereits im Vorjahr einge
leiteten Aufschwungs kräftig nach oben gerichtet. Das Ausmaß der rapide expan
dierenden Güternachfrage aus dem In- und Ausland führte schon im Frühjahr
zu einer zunehmenden Überforderung der Wirtschaft. Die Produktionssteige
rung ließ noch vorhandene Kapazitätsreserven dahinschwinden; Engpässe auf
dem Arbeitsmarkt waren unvermeidlich. Gegen Jahresmitte machten sich
Bremswirkungen stabilitätspolitischer Maßnahmen bemerkbar. Die Investitions
neigung der Unternehmen ließ nach; das Wachstum der Ausrüstungs- und vor
allem der Bauinvestitionen wurde rückläufig. Auch die zu Jahresbeginn außer
ordentlich starke Expansion des privaten Verbrauchs schwächte sich ab. Dem
gegenüber hielt die Dynamik der Auslandsnachfrage im wesentlichen unver
mindert an und verhinderte einen Umschlag des Gesamttrends in Richtung
Rezession. So mündete die sechste und kürzeste Aufschwungsphase der Nach
kriegszeit in das Phänomen einer „gespaltenen Konjunktur“.
Dynamischer Außenhandel
Der Gesamtwert der bundesdeutschen Ausfuhr erhöhte sich um 19,7% auf
178,4 Mrd DM. Der Menge nach wurden etwa 18 mehr Güter im Ausland ab
gesetzt. Die Wareneinfuhr nahm dem Volumen nach um rd. 8 und wertmäßig
um 13 auf 145,4 Mrd DM zu. Damit übertraf der Exportüberschuß in Höhe von
33,0 Mrd DM das Rekordergebnis des Vorjahres (20,3 Mrd DM) um mehr als die
Hälfte.
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