Bericht des Vorstandes
Zur Wirtschaftslage 1972/73
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Währungskrise und kein Ende
Konjunkturaufschwung 1973
im Schatten der Geldentwertung
Internationales Problem
Wohl kaum ein Jahr in der Wirtschaftsgeschichte der Nachkriegszeit war von
einer solchen Vielzahl bemerkenswerter Ereignisse gekennzeichnet wie das Jahr
1972. Durfte man zunächst hoffen, daß die im Dezember 1971 vereinbarte Neu
festsetzung der Währungsparitäten der Länder der westlichen Welt einen gang
baren ersten Schritt auf dem Wege der Neuordnung des Weltwährungssystems
darstellen werde, zeigte der Fortgang der Ereignisse an der Währungsfront als
bald, daß einmal mehr nur an Symptomen kuriert worden war, die Ursache des
Obels jedoch unvermindert weiter schwelt. Vielerlei Bemühungen, das ange
schlagene Währungsschiff wieder flott zu machen, hat es in der Zwischenzeit
gegeben, ohne daß sich durchgreifende Lösungsmöglichkeiten auch nur ab
zeichnen. Ungeachtet dieser und anderer nicht gering zu erachtender Unsicher
heitsfaktoren, die in den vergangenen achtzehn Monaten nahezu in allen Be
reichen ein wenig freundliches Investitionsklima ausgelöst hatten, wird das
derzeitige konjunkturelle Bild von einem sich zunehmend festigenden konjunk
turellen Aufschwung gekennzeichnet.
Waren es bisher vornehmlich der private Konsum und der Wohnungsbau, die
impulsgebend waren, so gewinnen inzwischen die Industrie-Investitionen, vor
allem aber das Auslandsgeschäft, zunehmend an Gewicht.
Auftragseingänge aus dem In- und Ausland lagen im Zeitraum November 1972
bis Januar 1973 um 22% höher als im Jahr zuvor. Im Januar und Februar d. J.
übertrafen die preisbereinigten Ordereingänge erstmals wieder deutlich die
laufenden Umsätze. Besonders kräftig hat sich die Auslandsnachfrage nach Aus
rüstungsgütern belebt. Allein der westdeutsche Maschinenbau konnte im ersten
Quartal 1973 rund 50% mehr Auslandsaufträge buchen als zur gleichen Zeit
des Vorjahres.
Wenn auch die Konjunktursignale damit wieder grün zeigen, ist Anlaß zu Opti
mismus nur in begrenztem Umfang gegeben. Alpdruckartig lastet auf allen Zu
kunftserwartungen ein gefährlicher Trend stetig schneller steigender Kosten und
Preise. Waren in der Vergangenheit Rezessionsperioden stets gekennzeichnet
durch einen Stillstand in der Preis-Kostenentwicklung, setzte sich der Prozeß des
Anstiegs der Lebenshaltungskosten in der konjunkturell schwachen Phase vom
Herbst 1971 bis zum Frühjahr 1972 unvermindert fort. Der danach einsetzende
konjunkturelle Aufschwung begann damit auf einem entschieden zu hohen
Preissockel. Befürchtungen, daß das in Richtung Geldentwertung rollende Rad
zunehmend Beschleunigung erfährt, sind kaum npch von der Hand zu weisen.
Infolge des nicht nur kosten-, sondern auch nachfragebedingt sich verschärfen
den Preisauftriebs in nahezu allen Bereichen ist nicht mehr auszuschließen, daß
der Anstieg der Lebenshaltungskosten in diesem Jahr 7 bis 8% ausmachen wird.
Alle auf nationaler Ebene unternommenen Versuche, die fortschreitende Geld
entwertung unter Kontrolle zu bringen, sind bisher fehlgeschlagen. Die Bewälti
gung dieses Problems wird aber um so drängender, als sich auch die übrigen
westlichen Industriestaaten einer zunehmenden Geldwertminderung ausgesetzt
sehen. Noch 1968 betrug in den EWG-Ländern der durchschnittliche Anstieg der
Verbraucherpreise 2,6%; 1972 aber waren es fast 6%. In der Bundesrepublik