Bericht des Vorstandes
Zur Wirtschaftslage 1971/72
Währungskonferenz
in Washington
Vereinbarung vom 19.12.1971
Das wohl bedeutendste währungspolitische Ereignis nach Bretton Woods dürfte die
am 19. Dezember des vergangenen Jahres in Washington vereinbarte Neufest
setzung der Währungsparitäten der Länder der westlichen Welt gewesen sein.
Unbeschadet der Tatsache, daß mit diesem Realignment eine Neufixierung der
Paritäten erreicht wurde, darf nicht darüber hinweggesehen werden, daß damit nur
ein erster Schritt in Richtung einer grundsätzlichen Neuordnung des Weltwährungs
systems getan worden ist. Von der Wirtschaft wurden die Beschlüsse von Washing
ton überwiegend mit großer Erleichterung aufgenommen, weil sie die Rückkehr zu
festen Wechselkursen brachten und eine Periode großer monetärer Unsicherheit
beendeten.
Die USA stellen die Einlösung von
gegen Gold ein; Importabgabe
Ein erster Anstoß zu dieser Wechselkursreform ging von der Bundesregierung aus,
als diese angesichts der Sturzflut hereinströmenden Auslandsgeldes am 10. Mai
1971 den Wechselkurs der D-Mark freigab und die Bundesbank von ihrer Inter
ventionspflicht gegenüber dem Dollar entband. Der zweite, jedoch stärkere Antrieb
war die überraschende Ankündigung Präsident Nixons vom 15. August 1971, daß
die Vereinigten Staaten ab sofort die Einlösung von ausländischen Notenbank-
Dollar in Gold suspendierten und zur Verbesserung ihrer Handels- und Zahlungs
bilanz eine zehnprozentige Importabgabe einführten. Ein weltweiter Schock war
die Folge. Die Devisenbörsen blieben eine Woche lang geschlossen. Danach ließen
auch die anderen Industrieländer ihre Wechselkurse floaten.
Flexible Wechselkurse enttäuschen
Schon bald zeigte sich jedoch, daß von wirklich frei schwankenden Wechselkursen
in den meisten Fällen keine Rede sein konnte. Vielmehr manipulierten die ein
zelnen Länder auf vielfältige Weise ihre Kurse zugunsten ihres Außenhandels. Für
alle jene, die in freien Wechselkursen eine Art monetärer Patentmedizin sahen,
war das Umfunktionieren des Floatens in nationale Handelspolitik eine herbe Ent
täuschung.
Fortschreitende D-Mark-Aufwertung
Da die Bundesbank praktisch nicht mehr zugunsten des Dollars intervenierte, der
Drang aus dem Dollar in die D-Mark jedoch unvermindert anhielt, kam es zu einer
fortschreitenden Aufwertung der D-Mark. Die Exportwirtschaft der Bundesrepublik
wurde damit einer erheblichen Belastung ausgesetzt. Unmittelbar vor der Rede
Präsident Nixons im August 1971 erreichte die Aufwertungsrate der D-Mark gegen
über dem Dollar bereits 8,2 Prozent und stieg bis zur Washingtoner Währungs
konferenz im Dezember 1971 sogar auf 12,2 Prozent.
Das Realignment
Weil ein echtes Einpendeln der Devisenkurse während des Floatens nicht statt
gefunden hatte, bedurfte es zäher Verhandlungen, bis schließlich in Washington
die vom 21.12.1971 an wirksame Vereinbarung zustande kam. Die wesentlichen
Punkte der Übereinkunft in Washington waren einmal die Rückkehr zu festen
Wechselkursen, sodann die Erweiterung der Bandbreiten von 0,75 bzw. 1 Prozent
auf 2,25 Prozent nach jeder Seite, die Abwertung des Dollars gegenüber dem Gold
um 8,57 Prozent, ferner die zusätzliche Aufwertung einiger Währungen und schließ
lich der Fortfall der amerikanischen Importabgabe.
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