allem eine weitere Steigerung um 9 Prozent bedeuten. Diese Rate übersteigt den
Produktivitätszuwachs und liegt sichtbar über der Zielprojektion der Bundesregie
rung, die 7 bis 8 Prozent als Höchstgrenze für 1972 nennt.
Verschlechterung
der Unternehmenserträge
Die Ertragslage der Unternehmen hat sich 1971 allgemein weiter verschlechtert,
einmal wegen des anhaltenden Kostenanstiegs, zum anderen weil die im Mai ein
setzende D-Mark-Aufwertung den Spielraum für Preisveränderungen weiter ein
engte. Die Exportpreise konnten kaum noch heraufgesetzt werden, während gleich
zeitig im Inland Importgüter billiger wurden. Deutliche Symptome für die rück
läufigen Erträge sind die angekündigten Dividendenkürzungen und das 1971 um
vermutlich rd. 18 Prozent niedrigere Aufkommen aus der Körperschaftsteuer.
Starke Geldwertreduzierung
Der Index der Lebenshaltungskosten lag im Dezember 1971 um 5,8 vH höher als
im Dezember 1970. Für 1972 rechnet man allenfalls mit einer Verminderung auf
4,5 vH.
Vor zu frühem Durchstarten
wird gewarnt
Eine befriedigende Stabilisierung des Geldwerts wurde aus den verschiedensten
Gründen bisher nicht erreicht. Der gelegentlich vorgetragenen Forderung, bald mit
konjunkturstützenden Maßnahmen zu beginnen, um so die Gefahr eines Abrut
schens in eine Rezession zu vermeiden, kann derzeit noch nicht das Wort geredet
werden. Anzeichen für eine Rezession sind nicht erkennbar, so daß es sinnvoll
erscheint, den konjunkturell notwendigen Abkühlungsprozeß nicht durch zu frühes
Durchstarten zu paralysieren.
Die Zinspolitik der Bundesbank
Die Politik der Bundesbank fand im abgelaufenen Geschäftsjahr nicht allenthalben
Beifall. Von Dezember 1970 bis Dezember 1971 senkte sie in drei Etappen den
Diskontsatz von 6 auf 4 Prozent und schließlich am 24. Februar 1972 auf 3 Prozent.
Im Hinblick auf die Binnenkonjunktur und die hohe Kreditnachfrage hätten diese
Maßnahmen durchaus anstehen können. Wenn die Bundesbank dennoch so dra
stisch den Diskontsatz heruntersetzte, so dürfte das vornehmlich in der Absicht
erfolgt sein, das Zinsgefälle zwischen der Bundesrepublik und dem Eurodollar
markt zu vermindern, um so zinsinduzierte Dollarzuflüsse abzuwehren. Erfolg stellte
sich jedoch in dem erwarteten Ausmaß nicht ein, weil der Zins in den Vereinigten
Staaten wegen der dort mit Nachdruck betriebenen Politik der Konjunkturbele
bung - noch weiter zurückwich.
Bardepotpflicht für Auslandskredite
der Wirtschaft
Seit der Rückkehr zu festen Wechselkursen und der damit verbundenen Interven
tionspflicht der Bundesbank wirken die - trotz des Realignments - erneut stärker
zufließenden Dollar auch wieder liquiditätsvermehrend im Inland. Aus diesem
Grunde entschloß sich die Bundesregierung mit Wirkung vom 1. März 1972 an -
ähnlich der Mindestreservepflicht der Kreditinstitute - auch für Wirtschaftsunter
nehmen, sofern sie Kredite im Ausland aufnehmen, die Hinterlegung eines Bar
depots in Höhe von 40 Prozent anzuordnen. Ob diese neue Maßnahme Erfolg
haben wird, ist noch nicht zu übersehen. Zugleich wurden die Mindestreservesätze
für Auslandsverbindlichkeiten von 30 auf 40 Prozent erhöht und die Rediskont
kontingente um 10 Prozent gekürzt.