Extrem hoher Diskont- und
Lombardsatz
Unternehmen decken ein
Fünftel ihres Kreditbedarfs
im Ausland
Bundesbank blockiert
Bankenliquidität
Negative Einflüsse auf die
Ertragslage der Kreditinstitute
Inländische Kreditexpansion
kleiner als 1969
Auch die Bemühungen der Bundesbank hatten wenig Erfolg. Je schärfer sie ihre
kreditpolitischen Waffen im Inland einsetzte, um so mehr Geld floß aus dem Aus
land zu. Die extreme Erhöhung des Diskontsatzes im März 1970 von 6 auf 7,5 Pro
zent und des Lombardsatzes sogar auf 9,5 Prozent mußte schon relativ bald wieder
zurückgenommen werden, weil zu Beginn des Berichtsjahres die USA eine Politik
des billigen Geldes einleiteten, die schnell auf den Eurodollarmarkt durchschlug.
Die Bundesbank reduzierte daher bis Ende 1970 den Diskontsatz in drei Etappen
auf 6 Prozent, den Lombardsatz von 9,5 auf 7,5 Prozent. Ende März 1971 folgte eine
weitere Diskontsenkung auf 5 Prozent.
Dennoch blieb ein Gefälle zwischen dem deutschen Zinsniveau und dem des Euro
geldmarktes bestehen. Die Wirtschaft machte in nicht unerheblichem Umfang von
den sich aus dem Zinsgefälle ergebenden Möglichkeiten der billigeren Geldauf
nahme Gebrauch, zumal ihr die Bundesbank nicht wie den deutschen Kreditinstitu
ten den Zugang zu den ausländischen Geldquellen verstellt hatte. So wurden 1970
für rund 16 Milliarden DM kurzfristige Auslandskredite aufgenommen, d. h. ein
Fünftel ihres gesamten Nettokreditbedarfs deckten die Unternehmer im Ausland.
In den ersten Monaten 1971 war der Anteil der Kreditaufnahme im Ausland noch
größer.
Dieser extrem hohe Geldzufluß aus dem Ausland schlug natürlich auch auf die
Liquidität der deutschen Kreditinstitute durch. Dies veranlaßte die Bundesbank,
durch Erhebung einer Zuwachsmindestreserve von 30 Prozent für Auslandsverbind
lichkeiten, ferner durch eine dreimalige allgemeine Mindestreserveerhöhung (Juli
und November1970, Juni 1971) sowie durch Offenmarktoperationen und zweima
lige Kürzung der Rediskont-Kontingente (Mai 1970 und April 1971) Liquidität in be
deutendem Umfang stillzulegen.
Die Kreditinstitute sahen sich infolge dieses Liquiditätsentzugs zu einer verstärk
ten Refinanzierung bei der Bundesbank gezwungen. Ihre Wechselverpflichtungen
waren Ende 1970 mit 15,4 Milliarden DM um 18 Prozent höher als ein Jahr zuvor.
Diese im Berichtsjahr besonders teuere Refinanzierung bei der Bundesbank, die
starke Zunahme der unverzinslichen Mindestreserven, die schnellere Rückbildung
der Sollzinsen als die der Habenzinsen sowie der starke Anstieg der Sach- und Per
sonalkosten hat 1970 die Ertragslage der Kreditinstitute nachhaltig negativ beein
flußt.
In der gleichen Richtung wirkte auch, daß im Berichtsjahr die heimischen Kredit
institute von der deutschen Wirtschaft weniger in Anspruch genommen wurden als
im Jahr zuvor. Unternehmen und Privatpersonen haben 1970 bei den inländischen
Banken neue Kredite (alle Fristigkeiten zusammen) nur in Höhe von 44Milliarden
DM aufgenommen gegenüber 51 Milliarden DM 1969.