Bericht des Vorstandes.
Wir bringen die Dividende für das Geschäftsjahr 1928 wieder mit 10°/o in Vorschlag.
Nach dem im allgemeinen für die private deutsche Wirtschaft nicht ungünstigen Ver
laufe des Jahres 1927 brachte das Jahr 1928 au^ vielen Gebieten eine wesentliche Ver
schlechterung, eine Entwicklung, die sich im neuen Geschäftsjahr offenbar fortsetzt.
Von ausschlaggebender Bedeutung für die weitere Gestaltung der deutschen Wirtschaft
wird es vor allem sein, ob die eingeleiteten Verhandlungen wegen der Deutschland auf
erlegten Kriegstribute zu einem für Deutschland halbwegs annehmbaren Resultat führen
werden. Die Überzeugung, daß Deutschland die Lasten in der Höhe, wie sie in dem Dawes-
abkommen festgesetzt wurden, nicht zu tragen vermag, ist heute wohl allgemein. Daneben
ist es vor allem von Bedeutung, daß die Höhe der deutschen Verpflichtungen gegenüber
den Siegerstaaten endlich genau fixiert wird. Gerade die Unbestimmtheit, die nach dieser
Richtung hin besteht, ist zweifellos von verderblichster Wirkung gewesen. Es gilt schließ
lich für den Staat als Schuldner nichts anderes als das, was von jedem privaten Schuldner
zu gelten hat. Macht ein Schuldner nach erfolgtem Zusammenbruch den Versuch, sich
wieder aufzurichten, so wird ihm dies schwer bzw. unmöglich gemacht, wenn ihm von seinen
Gläubigern Lasten auferlegt werden, welche in ihrer Höhe nicht irgendwie beschränkt sind.
Sein Interesse an sparsamer Wirtschaft ist stark beeinträchtigt. Und er wird mehr dazu
neigen wie dies zweifellos gegenwärtig auch beim Reich, vielfach auch bei den Ländern
und den Gemeinden der Fall ist aus dem vollen zu wirtschaften, als wenn er sich sagen
kann, daß das, was er erspart, ihm auch letzten Endes wirklich zugute kommt, und nicht
der Gefahr ausgesetzt ist, immer wieder von den Gläubigern mit Beschlag belegt zu werden.
Daß die deutsche private Wirtschaft trotz der wreichenden, zum Teil stark rückläufigen
Konjunktur so insbesondere in der für Sachsen so wichtigen Textilindustrie noch immer
einigermaßen durchhält und insbesondere es verstanden hat, sich das Vertrauen der aus
ländischen Geldgeber zu erhalten, ist eine nicht hoch genug zu veranschlagende Leistung.
Als relativ günstiges Moment sei in diesem Zusammenhänge erwähnt der Rückgang des Aus
fuhrdefizits von 3425 Millionen Rin 1927 auf 1858 Millionen Rin 1928. Auch soll
gewiß nicht behauptet werden, daß der Konjunkturrückgang sich auf allen Gebieten in
gleichem Ausmaße geltend macht. Gewisse für Deutschland besonders wichtige Wirtschafts
zweige, wie beispielsweise Kali und Braunkohle, können auf ein befriedigendes Jahr zurück
blicken. Und man wird nicht in absoluten Pessimismus zu verfallen brauchen, vielmehr
an einem gewissen Optimismus, ohne den ja letzten Endes wirtschaftliches Arbeiten über
haupt nicht denkbar ist, festhalten können, sofern nur zwei absolut erforderliche Voraus
setzungen erfüllt werden, eine erträgliche Gestaltung der Zahlungen an die Siegerstaaten
und eine vernünftige Staatspolitik auf dem Gebiete der Steuern, sozialen Lasten und Lohnfragen.